Bahnbrechende Halbleiter-Forschung Herbert Kroemer: Grundlagengeber für Hochfrequenz-Halbleiter

Von Antonio Funes 6 min Lesedauer

Anbieter zum Thema

Ein Pionier der Halbleiterforschung und ein visionärer Wissenschaftler - Herbert Kroemer war eine herausragende Persönlichkeit in der Welt der Physik. Seine wegweisenden Beiträge und innovativen Forschungen haben das Verständnis von Halbleitern und Hochfrequenz-Transistoren revolutioniert und die Grundlage für zahlreiche moderne Technologien geschaffen. Wir werfen einen Blick auf die Spuren, die Kroemer in der Geschichte der Elektrotechnik hinterlassen hat.

Heterohalbleiter einer Solarzelle, begutachtet an der Universität von New South Wales.
Heterohalbleiter einer Solarzelle, begutachtet an der Universität von New South Wales.

Im März 2024 verstarb ein bedeutender Charakter der Wissenschaft, der primär in dem für die Elektrotechnik wichtigen Bereich der Halbleiter forschte und aus Deutschland stammte. Die Rede ist von Herbert Kroemer (oder auch Krömer), der am 8. März 2024 im Alter von 95 Jahren verstorben ist.

Er war vordergründig bei der Grundlagenforschung aktiv und hat im Bereich der experimentellen Physik viele Verdienste vorzuweisen, die ihrer Zeit jeweils weit voraus waren und zum Teil rein technisch erst viele Jahre später überhaupt umsetzbar waren. In der Öffentlichkeit wurde Kroemer durch den Nobelpreis bekannt, den er im Jahr 2000 für die Entwicklung von Halbleiterheterostrukturen zusammen mit dem 2019 verstorbenen Russen Schores Alfjorow erhielt. Auch der amerikanische Ingenieur Jack Kilby wurde in diesem Zusammenhang mit dem Nobelpreis ausgezeichnet, wobei sein Anteil im Speziellen die Entwicklung der Integrierten Schaltkreise per se war.

Bildergalerie

Wir blicken auf die Forschung und Entwicklung von Herbert Kroemer zurück und befassen uns mit seinem Werdegang, der ihn für den Großteil seines Lebens in die USA verschlug.

Geburt, Schule und Promotion

Am 25. August 1928 erblickte Herbert Kroemer in Weimar das Licht der Welt. Seine Eltern stammten aus Handwerkerfamilien und verfügten über keinen höheren Bildungsabschluss. Sein Vater war Beamter, seine Mutter Hausfrau – für ihren Sohn wollten sie die bestmögliche Bildung, die sie sich leisten konnten. Sie ermöglichten es, dass Herbert Kroemer am Friedrich-Schiller-Gymnasium in Weimar sein Abitur ablegen konnte, und zwar trotz der Tatsache, dass er sich selbst im Nachhinein als gelangweilter Schüler mit einem Disziplinproblem sah.

Nach seinem Abitur begann er im Jahr 1947 an der Universität Jena ein Studium der Physik und ahnte damals offenbar, welche Einschränkungen in der damaligen sowjetischen Besatzungszone, die später zur DDR wurde, zu erwarten waren. Denn bei einem Praktikum in Berlin nutzte er die Phase zwischen 1948 und 1949, in der die westlichen Alliierten eine Luftbrücke für Berlin ins Leben riefen, um in den Westen zu flüchten. Er studierte fortan in Göttingen an der Georg-August-Universität und promovierte dort im Bereich der Theoretischen Physik. Sein damaliges Thema waren Effekte, die in Transistoren durch erhitzte Elektronen auftreten. Nach seiner Promotion war er bei der damaligen Deutschen Bundespost im Fernmeldetechnischen Zentralamt angestellt, wobei er sich selbst als angewandten Theoretiker bezeichnete.

Umzug in die USA und Santa Barbara als Hauptquartier

1954 entschloss sich Herbert Kroemer in die USA auszuwandern, wobei er im Laufe der nächsten Jahre in mehreren Forschungsinstituten in Palo Alto (Kalifornien) und an der Universität von Princeton (New Jersey) arbeitete. 1968 übernahm er eine Professur für Physik an der Universität in Boulder (Colorado). Dort lehrte er für acht Jahre und wechselte im Jahr 1976 schließlich zur University of California in Santa Barbara, die fortan auch seine wissenschaftliche Heimat war; bei seinem Tod hatte Herbert Kroemer an der University of California den Status eines Professor Emeritus inne.

Durch seine Eigenschaft, die Relevanz von zukünftigen Technologien förmlich vorherzusehen und dank seiner Überzeugungskraft schaffte er es, dass die Universität ihm Mittel bewilligte, um im Bereich für besondere Halbleiter zu forschen. Denn obwohl sich die Halbleiterforschung damals allgemein eher auf Silizium-Halbleitern konzentrierte, sorgte Kroemer dafür, dass er freie Forschungsressourcen für damals noch nicht existente, aber aus seiner Sicht zukunftsträchtigere Heterohalbleiter-Strukturen nutzen konnte. Unter anderem ging es dabei um III-V-Verbindungshalbleiter.

Dabei werden Elemente der Hauptgruppe III (Erdmetalle und Borgruppe) mit denen der Hauptgruppe V (Stickstoff-Phosphor-Gruppe) verbunden. Eingesetzt werden solche Halbleiter mittlerweile unter anderem für Laserdioden und LED-Licht mit kleinen Wellenlängen, wie sie unter anderem bei Blu-Ray-Playern zum Einsatz kommen. Für die Solarzellen-Technik sind solche Halbleiter ebenfalls dank eines hohen resultierenden Wirkungsgrades hilfreich.

Jetzt Newsletter abonnieren

Verpassen Sie nicht unsere besten Inhalte

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Aufklappen für Details zu Ihrer Einwilligung

Die Grundlagen für Hochfrequenz-Transistoren

Die wohl wichtigste Entwicklung, für die Herbert Kroemer schlussendlich im Jahr 2000 auch mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, war das Prinzip der Hochfrequenz-Transistoren auf Heterohalbleiter-Basis. Diese Arbeiten bestanden nicht aus einem einzelnen Forschungsprojekt, sondern sind das Ergebnis vieler verschiedener, die Kroemer während seiner Laufbahn durchführte.

Die theoretischen Grundlagen hierfür reichen bis ins Jahr 1957 zurück, wo er als Beschäftigter der RCA (Radio Corporation America) in Princeton seine Überlegungen zu Transistoren mit Heterohalbleitern veröffentlichte, die er vom 1951 von William Shockley eingereichtem Patent zu Halbleitern abgeleitet hatte. Bei der Idee von Kroemer handelt es sich um Transistoren, deren Halbleiter aus verschiedenen Elementen zusammengesetzt sind, da Emitter und Kollektor aus einem anderen Material als die Basis bestehen.

Dieses Konzept ermöglicht, wie Kroemer durch Berechnungen beschrieb, im Gegensatz zu nur aus einem Element bestehenden Transistoren höhere Frequenzen sowie auch größere Verstärkungen. Produzieren konnte man solche Transistoren damals allerdings noch nicht. Erst in den 1980er-Jahren war es durch das Prinzip der technischen Epitaxie möglich, unterschiedliche Halbleiterschichten aufzutragen. Bei der technischen Epitaxie wird durch aufwachsende Kristalle eine geordnete, zusammenhängende Schicht erzeugt. Das erste Patent zu einem Heterohalbleiter-Transistor, genauer gesagt einem Heterojunction Bipolar Transistor (HJT) stammt aus dem Jahr 1987 und wurde von fünf japanischen Entwicklern eingereicht.

Techniken zur Produktion von Heterohalbleitern

Ende der 1970-Jahre in Santa Barbara widmete sich Herbert Kroemer verstärkt Experimenten und weniger der puren Theorie. Ein Schwerpunkt war dabei die schon angesprochene Epitaxie, genauer gesagt die Molekularstrahlepitaxie, Englisch auch MBE für „molecular beam epitaxy“. Herbert Kroemer gilt dabei als einer der Mitentwickler dieser Technik.

Durch Gasphasenabscheidung entstehen mit diesem Verfahren dünne Kristallschichten – damit ist es möglich, einkristalline Strukturen auf einem Substrat zu erzeugen, die aus mehreren Halbleitern bestehen. Ein Beispiel hierfür ist Indiumphosphid aus den Elementen Indium und Phosphor – diese Halbleiterverbindung wird für hochfrequente Laser eingesetzt, die dämpfungsarm einen Datenfluss in Glasfaserleitungen erzeugen können. Auch integrierte Schaltkreise mit Taktraten von einem Terahertz und mehr sind hiermit dank der hohen Beweglich der Elektronen in der Gitterstruktur von Indiumphosphid möglich.

Kroemer selbst stellte in seinen Experimenten mit der Molekularstrahlepitaxie Verbindungen wie Galliumphosphid und Galliumarsenid her, die er auf Siliziumsubstrate auftrug. Zu diesen Materialien forschte er bis in die Mitte der 1980er-Jahre und schwenkte 1985 dann um auf Indiumarsenid, Galliumantimonid und Aluminiumantimonid um. Bei allen Verbindungen, denen er sich intensiver widmete, handelte es sich um die bereits vorher erwähnten III-V-Halbleiterverbindungen, zu denen sich Kroemer durch seine Überzeugungsarbeit zu Beginn seiner Zeit in Santa Barbara Forschungskapazitäten gesichert hatte. Seine Arbeiten zu den Heterostrukturen im Halbleiterbereich waren maßgebend für Hochfrequente Bauelemente in der Elektronik sowie auch der Optoelektronik und wurden folgerichtig mit dem Nobelpreis im Jahr 2000 geehrt.

Lehrbuch, Würdigungen und ein Denkmal im Weltall

Ein weiteres Feld Kroemers Arbeit befasste sich mit der Thermodynamik. Hierzu gibt es auch ein Lehrbuch mit dem Titel „Thermodynamik: Elementare Darstellung der Thermodynamik auf moderner quanten-statistischer Grundlage“, das er zusammen mit dem US-Physiker Charles Kittel schrieb. Dabei schließt sich ein wenig der Kreis, denn Kroemers Promotionsthema waren durch Wärme erzeugte Effekte von Elektronen in Transistoren, was die Gebiete der Thermodynamik tangiert.

Im Laufe seines Lebens erhielt Herbert Kroemer unter anderem zwischen 1972 und 1986 mehrere Preise der IEEE, dem Institute of Electrical and Electronics Engineers, einem weltweiten Verband von Wissenschaftlern, Ingenieuren, Technikern und ähnlichen Berufen. 1994 erhielt er für seine herausragenden Forschungsleistungen den Alexander-von-Humboldt-Forschungspreis. Ehrendoktorwürden erlange er an der RWTH Aachen sowie an der Universität Jena; er war zudem Mitglied der US-amerikanischen National Acadamy of Sciences.

Zudem wird uns Herbert Kroemer in Form eines Asteroiden wohl noch eine sehr lange Zeit erhalten bleiben. Denn der 1992 von einer Sternwarte in Tautenburg (Thüringen) aus entdeckte und damals als SS24 bezeichnete Asteroid trägt bereits seit vielen Jahren den Namen „24751 Kroemer“. Seine Umlaufbahn liegt im Hauptasteroidengürtel unseres Sonnensystems zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter. (sb)

Artikelfiles und Artikellinks

(ID:49988027)