Ewiger Zweiter AMD: Die bewegte Geschichte des Technologiegiganten

Von Herbert Funes 8 min Lesedauer

Anbieter zum Thema

Als einer der weltweit führenden Hersteller von Computerhardware hat AMD (Advanced Micro Devices) seine Spuren in der Geschichte der Technologie hinterlassen. Trotz starker Konkurrenz durch Branchengiganten wie Intel und Nvidia behauptet sich das Unternehmen nach wie vor am Markt und ist bemüht, seine Position weiter zu festigen. In diesem Artikel schauen wir auf die Ursprünge von AMD, die Meilensteine in seiner Entwicklung und die Rolle, die es heute in der immer komplexer werdenden Welt der Technologie spielt.

Ein Mikroprozessor von AMD der 386er-Serie.
Ein Mikroprozessor von AMD der 386er-Serie.
(Bild: / CC0)

AMD ist neben Intel der wichtigste CPU-Hersteller im Bereich Desktop- und Server-PCs sowie Notebooks, außerdem ist AMD schärfster Konkurrent von Nvidia, was dedizierte Grafikkarten für PCs und zum Teil auch für Notebooks angeht. Seit Herbst 2014 hat zudem mit Lisa Su als CEO eine Frau das Sagen, die derzeit auch für technische und wissenschaftliche Fragen Mitglied eines Rates des Weißen Hauses ist.

Wegen der Corona-Pandemie und der damit verbundenen Nachfrage nach vielen Hardware-Produkten sind die genauen aktuellen Umsatzzahlen zwar derzeit noch immer verzerrt, aber um die Relationen einordnen zu können: Beim Umsatz lag Intel im Jahr 2021 mit knapp 80 Milliarden US-Dollar weit vorne, es folgte Nvidia mit knapp 27 Milliarden US-Dollar. AMD erreichte etwas mehr als 24 Milliarden US-Dollar. Somit ist AMD zwar ein Weltkonzern, steht aber im Schatten der beiden großen Konkurrenten. In unserem Artikel wollen wir die Historie von AMD thematisieren und uns ansehen, wie AMD zu einem Global Player wurde und trotz Intel und Nvidia weiterhin eine hohe Relevanz hat.

Die Anfänge: AMDs Eintritt in die Welt der Mikroprozessoren

Die Abkürzung AMD steht für Advanced Micro Devices - der Startschuss war am 1. Mai 1969. Damals gründeten Jerry Sanders und Ed Turney das Unternehmen, welches zu dem Zeitpunkt noch „Sanders Association“ hieß. Einige Monate nach der Gründung wurden die ersten integrierten AMD-Schaltkreise hergestellt, welche die Basis für den 1970 veröffentlichten Digitalzähler AM2501 waren. Obwohl AMD ein US-Unternehmen ist, entstand im Jahr 1973 die erste größere Fabrik in Malaysia. Dank erster Erfolge, die mittlerweile auch Speicherchips zu verdanken waren, durchbrach der Umsatz von AMD im Jahr 1978 die Schallgrenze sechsstelliger US-Dollar-Beträge. Das Geld beziehungsweise die finanzielle Sicherheit nutzte AMD, um im texanischen Austin eine größere US-basierte Produktionsstätte zu bauen. Einer der AMD-Investoren der Anfangsjahre war, aus heutiger Sicht kurios, der Intel-Gründer Robert Noyce.

Doch wenn man die Anfangsjahre bedenkt, wird deutlich, warum Intel mit im Boot war. AMD war nämlich über viele Jahre hinweg eine Firma, die Lizenzen für Patente von anderen Chipherstellern erwarb, um die Chips zu produzieren oder auch in einer verbesserten Form auf den Markt bringen zu können. Im Jahr 1979 begann AMD dann mit einer Lizenz, die von Intel patentierten Prozessoren 8086, 8088, 80186 und 80188 zu fertigen. Mitte der 1980er Jahre produzierte AMD eine eigene Version des Intel 80286, die sich AM286 nannte. Der Unterschied zur Intel-Variante waren deutlich höhere Taktwerte von 8 bis 20 Megahertz statt maximal nur 10 Megahertz. Dass Intel dies weiterhin zuließ, lag an der Marktmacht von IBM als Anbieter von Computern. Denn IBM musste seine Bauteile für eine verlässliche Komponenten-Versorgung von mindestens zwei verschiedenen Quellen beziehen, sodass der Computergigant Intel dazu drängte, AMD die Patent-Lizenz zu gewähren.

Die erste eigene CPU: AMDs Schritt in Richtung Unabhängigkeit

Auf diese Weise hatte IBM zwei voneinander unabhängige CPU-Lieferanten. Intel weigerte sich danach aber, AMD weiterhin die Nutzung von Patenten zu erlauben – schließlich hatte AMD bewiesen, dass sie bei identischen Basis-Plänen mehr Leistung herausholen können. Es kam zu längeren rechtlichen Streitigkeiten bis in die 1990er Jahre hinein, während derer AMD zwar immer wieder Intel-Patente verwenden konnte, aber immer wieder ausgebremst wurde. Am Ende wurde AMD zwar recht gegeben - Intel stand auf technischer Seite wegen der Querelen aber besser da. AMD gelang es zwar, durch höhere Taktwerte bei ansonsten gleichen Preis bei Kunden immer wieder zu punkten. Trotzdem entschloss sich AMD, eigene Prozessoren zu entwickeln und brachte 1996 schlussendlich die AMD K5-Reihe auf den Markt, AMDs erste eigenen x86-CPUs. Die K5-CPUs waren der Konkurrenz aber unterlegen, sodass sie finanziell kein Erfolg waren – AMD konnte aber durch den Aufkauf der CPU-Schmiede NextGen, die den NX686 entwickelt hatte, einen Clou landen. Denn der NX686 war Intels Pentium-CPUs ebenbürtig und wurde von AMD als K6-Reihe für den Sockel 7 ab dem Jahr 1997 vermarktet.

Die Hürden und Herausforderungen: AMDs Kampf um Marktanteile

Nun war der Startschuss für AMDs Erfolgsgeschichte gefallen. Es folgten die K-Architekturen K7, K8, K9 und schlussendlich ab dem Jahr 2007 die Generation K10. Danach folgen Generationen, bei denen AMD Architektur-Namen wie Bulldozer, Jaguar und aktuell Zen verwendet. Von 1999 an etablierte AMD dabei Markennamen wie Athlon, Duron, Phenom und Sempron sowie aktuell Ryzen. Die Opteron-Modelle für Server-PCs gab es von 2003 bis 2016 und konnten zeitweise auf etwa 25 Prozent Marktanteil kommen. Die aktuellen Server-CPUs heißen Epyx. Bei privaten Anwendern vor allem im Bereich der Spiele-Fans erfreuten sich die 2009 veröffentlichten Phenom II X4-CPUs mit der K10-Architektur für den Sockel AM3 großer Beliebtheit. Trotz der für ihren Preis sehr leistungsstarken CPUs gelang es AMD aber nicht, Intel im größeren Stil Paroli zu bieten. Zum einen war Intel immer wieder einen Schritt voraus, vor allem, was das aktuelle Top-Modell angeht, was für Renommee sorgte. Intel arbeitete zudem bis 2006 mit Preisnachlässen und einer Art Sponsoring für PC-Anbieter, wenn diese Intel-CPUs verwendeten und mit dem „Intel Inside“-Label warben.

Jetzt Newsletter abonnieren

Verpassen Sie nicht unsere besten Inhalte

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Aufklappen für Details zu Ihrer Einwilligung

Wettbewerbshüter verurteilten Intel zwar wegen der als unlauter eingestuften Methoden zu Strafen, unter anderem einer Zahlung von über einer Milliarde US-Dollar an AMD – vor allem im Bereich der Fertig-PCs für private und professionelle Kunden hatte Intel aber in den 1990er- und ersten 2000er-Jahren dermaßen seinen Fuß in die Tür gestellt, dass AMD nur eine Nebenrolle blieb – vermutlich waren es auch junge Gamer, die AMD in dieser Phase dazu verhalten, weiterhin präsent zu bleiben. Denn wer sehr auf das Preis-Leistungs-Verhältnis achtete und PCs gerne selbst zusammenstellte, anstatt sie fertig zu kaufen, griff häufiger zu AMD.

Expansion und Diversifikation: AMD betritt das GPU-Segment

Ein wichtiger Schritt für AMD, im Geschäft zu bleiben, war im Jahr 2006 der Aufkauf des GPU-Herstellers ATI. Zwar bezahlte AMD im Nachhinein gesehen viel zu viel für den Deal und musste sogar über 2,6 Milliarden Dollar abschreiben. Da AMD aber seitdem auch GPUs anbot, konnte der Chiphersteller ein zweites Standbein aufbauen, das zudem gerade in der Gaming-Szene bei Nutzern, die ihren PC gerne ab und an mit einer neuen Grafikkarte oder CPU aufrüsten, ein gutes Fundament hatte. Ein Risiko war dies aber trotzdem, denn mit Nvidia hatte und hat man einen mächtigen Konkurrenten in Sachen GPUs vor der Brust. In den ersten Jahren blieb es zudem bei dem Markennamen ATI, sodass nicht jeder mitbekommen hatte, dass ATI zu AMD gehörte – erst nach der ATI Radeon HD 5000-Serie, die ab Herbst 2009 in den Handel kam, bekamen die Grafikkarten den Markennamen AMD, und zwar beginnend mit den im Oktober 2010 veröffentlichten Grafikkarten AMD Radeon HD 6850 und HD 6870.

AMD leistete sich allerdings im Laufe der Unternehmensgeschichte auch einige Fehler, die zum Teil auch in einer zu frühen Einführung von aus heutiger Sicht durchaus sinnvollen Ideen zu finden sind. So kamen mit den Bulldozer-CPUs ab dem Jahr 2011 Prozessoren auf den Markt, die – was heutzutage üblich ist – für das parallele Erfüllen zweier Aufgaben optimiert waren. Allerdings fehlte es damals an Software, die dies nutzen konnte, sodass der Vorteil Kosten verursachte, aber beim Nutzer verpuffte. Gegen Intels Mainstream-CPUs gaben die ersten Bulldozer-Modelle in der Summe daher kein gutes Bild ab. Bei Grafikkarten floppten im Jahr 2017 die an sich sehr guten High-End-Grafikkarten Vega, ohne dass man sich dies wirklich erklären kann, und die Nutzung des besonders schnellen High Bandwith Memory (HBM) kam im Jahr 2015 wohl zu früh, da diese Form des Videospeichers sehr teuer war. AMD konnte zudem nicht kommunizieren konnte, dass das RAM trotz geringem Takt so schnell war, dass die AMD Radeon R9 Fury X mit nur 4 Gigabyte HBM ausreichend bestückt war. Üblich waren damals mindestens 6 Gigabyte Video-RAM für Top-Grafikkarten.

AMD heute: Konkurrenzfähig trotz starker Rivalen

Aktuell steht AMD vom Portfolio her recht gut da, wenn man den Mainstream-Sektor betrachtet. Bei den Prozessoren gibt es für den Sockel AM4 einige sehr attraktive günstige CPUs, auch da AMD trotz des Alters des Sockels – ihn gibt es bereits seit dem Jahr 2016 – immer wieder mit Upgrades und neuen CPUs versorgt hat. Der neuere Sockel AM5 kann bei den absoluten Top-CPUs für Spieler die beiden Sieger stellen, unter anderem den Ryzen 7 7800X3D für derzeit 470 Euro – wer dies für eine CPU investiert, den stört auch der Aufpreis für das nötige DDR5-RAM nicht. Bei der Konkurrenz von Intel kann man das günstigere DDR4-RAM nutzen (20 bis 30 Euro Differenz pro 16 Gigabyte). Bei Grafikkarten bietet AMD derzeit wiederum in allen Leistungsklassen das bessere Preis-Leistungs-Verhältnis im Vergleich zu Nvidia, muss aber wie schon beschrieben gegen die hohe Marktmacht von Nvidia ankämpfen.

Bildergalerie

Sowohl AMD als auch Nvidia haben aber viele andere Technologiefelder wie Künstliche Intelligenz, Cloudcomputing und Projekte für autonome Mobilität als erfolgreiche Standbeine. AMD generierte sogar im Jahr 2016 etwa 40 Prozent der Umsätze aus Unternehmensbereichen, die nicht direkt mit CPUs und GPUs aus dem Desktop- oder Notebookbereich zu tun hatten, zum Beispiel mit der Zulieferung von eingebetteten Systemen oder Hardware für Spielekonsolen. Um die Marktverhältnisse an zwei Beispielen zu verdeutlichen: Die aktuelle Grafikkarten-Reihe AMD Radeon RX 7900 XT gibt es in Deutschland aktuell in 17 Modellvarianten. Von der etwas schwächeren und trotzdem teureren Nvidia GeForce RTX 4070 Ti hingegen gibt es 44 Modelle auf dem deutschen Markt. Für AMD-CPUs gibt es wiederum bei den beiden relevanten Mainstream-Sockeln AM4 und AM5 insgesamt 250 Mainboard-Modelle zur Auswahl im Handel – bei Intel sind es allein für den neueren Sockel 1700 schon über 320.

Zukunftsperspektiven: AMDs Position in einer sich rasant verändernden Tech-Welt

Durch die Marktmacht von Intel und Nvidia hat es AMD also seit je her schwer, bei der Masse an Nutzern anzukommen. Zum einen ist das Marketing schwieriger, da AMD deutlich kleiner und umsatzschwächer ist. Zum anderen ist es für Intel und Nvidia wegen der Marktanteile und somit auch des Bekanntheitsgrades leichter, sich bei Fertig-PCs und Notebooks als Partner für die Hersteller zu etablieren. AMD taucht somit trotz häufig guter Preise seltener in den Läden auf. Trotzdem gibt es auch Fertig-PCs und Laptops mit AMD-Bauteilen, und vor allem Nutzer, die ihre PCs ohnehin selbst zusammenbauen oder aufrüsten und sich vor dem Kauf ein wenig mehr mit der Hardware beschäftigen, greifen oft zu AMD. Denn durch das in den meisten Phasen der letzten etwa 25 Jahre meist mindestens gleichgute Preis-Leistungs-Verhältnis im wichtigen Mainstreamsektor hat es AMD immer wieder geschafft, genügend Umsätze zu erzielen, um bei den Neuentwicklungen in Sachen CPUs und Grafikkarten zwar in aller Regel nicht ganz an die Spitze zu rücken, aber nie den Anschluss zu verlieren. (mbf)

(ID:49512287)