Projekt DC-INDUSTRIE2 Gleichstrom beweist sich in Pilotprojekt im Automobilbau

Von Friederike Schmidt* 5 min Lesedauer

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Kabelspezialist Lapp hat bei einem bayerischen Automobilhersteller eine Testanlage im Karosseriebau mit DC-Lösungen ausgestattet. Das Pilotprojekt zeigt: Die Umstellung industrieller Anlagen auf Gleichstrom hat handfeste Vorteile.

Gleichstromnetze: In der Automobilindustrie werden für den Karosseriebau viele Roboterleistungen benötigt. Sie alle werden mit Gleichstrom 
gespeist und sparen so erheblich Energie.
Gleichstromnetze: In der Automobilindustrie werden für den Karosseriebau viele Roboterleistungen benötigt. Sie alle werden mit Gleichstrom 
gespeist und sparen so erheblich Energie.
(Bild: Daniel Schvarcz/LAPP)

Die Fertigung von Automobilen ist in Deutschland bis heute der größte und bedeutendste Industriezweig. Ihre Fertigungsanlagen bieten nicht nur Tausenden von Menschen Arbeitsplätze, sondern sind auch oft führend bei der Implementierung von Automatisierungslösungen und anderer moderner Technologien.

Roboter übernehmen die meisten Arbeitsschritte in der Fertigung und liefern dabei höchste Präzision. Das bedeutet aber auch: Sie verbrauchen viel Strom. „In Zukunft wahrscheinlich mehr und mehr Gleichstrom“, sagt Alois Heimler, Strategic Marketing Manager Intralogistik & Automotive, bei Lapp. Er ist davon überzeugt, vor allem wegen der Vorteile für die Energieeffizienz, wie er erklärt: „Das Zauberwort heißt weniger Spannungswandlungen.“

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In einer Karosseriebau-Anlage im BMW-Group-Werk Dingolfing offenbaren sich diese Vorteile schon heute. Denn die Anlage wird mit Gleichstrom betrieben – in einem Pilotprojekt, das zeigen soll, dass es im industriellen Umfeld eine Alternative zur herkömmlichen Wechselstrom-Welt gibt. Das Stuttgarter Familienunternehmen liefert dafür die Verbindungslösungen.

Rekuperation macht Fertigungsroboter effizienter

Gerade beim Karosseriebau bietet sich die Umstellung von Wechsel- auf Gleichstrom an. Auf Maschinen und Roboter entfällt bisher ein großer Teil des Stromverbrauchs einer Industrieanlage, dabei bieten sie entsprechend große Einsparpotentiale. Besonders hoch sind die Einsparpotentiale an hochdynamischen Prozessen wie sie etwa bei Industrierobotern vorkommen.

Die Roboter bewegen sich auf programmierten Bahnen, um die einzelnen Bauteile einer Karosserie zu einem Fahrzeug zusammenzufügen. Dabei beschleunigen sie kurzzeitig und bremsen dann wieder ab. Das bedeutet, ein Roboter entnimmt kurzzeitig viel Energie, um einen Bewegungsablauf zu initiieren oder in kinetische Energie zu wandeln. Im Abbremsmoment oder im Senkbetrieb wird jedoch aus der kinetischen Energie wieder elektrische Energie erzeugt (der Antrieb befindet sich nun im Generatorbetrieb).

Diese kinetische Energie wird in Wechselstromsystemen (AC) in der Regel nicht gespeichert und geht als Wärmeenergie verloren; so wurden bisher Bremswiderstände eingesetzt, um die überschüssige Energie zu „verbrennen“. Anders im Gleichstrom (DC)-Netz: „Hier wird die Energie in den DC-Zwischenkreis, andere DC-Verbraucher oder Energiespeicher gespeist. Somit kann die Energie, die bei Abbremsvorgängen frei wird, ohne große Wandlungsverluste zentral für alle Verbraucher an das Netz zurückgeschickt werden“, erklärt Heimler die Bremsrekuperation. Sie erlaubt den direkten Energieaustausch zwischen allen Antrieben, wie sie etwa in Robotern vorkommen.

Gerade in Zeiten, in denen Nachhaltigkeit zunehmend gefordert und gefördert wird, ist die Verwendung der bislang ungenutzten Bremsenergie nützlich, denn so kann eine erhebliche Menge Energie eingespart werden. Und das ist nicht der einzige Vorteil, den ein DC-Netz mit sich bringt: Anstatt vieler dezentraler Wandlungen von AC zu DC gibt es nur noch eine zentrale Energiewandlung, die alle Anlagen mit Gleichstrom versorgt.

Bonuspunkt: Stammt der Strom aus regenerativen Quellen wie beispielsweise Photovoltaik oder Windkraft, liegt er als Gleichspannung vor, wenn auch die Verbraucher zunehmend auf Gleichstrom ausgelegt sind. „DC ist demnach ein Kernelement für die Energiewende“, so Heimler. Die genauen Einsparungen bei einer Umstellung auf DC variieren je nach Anlage und ihrer Auslastung. Ergebnisse zwischen 15 und 20 % sind jedoch realistisch.

Gleichstrom-Portfolio der Marke ÖLFLEX

Genau an diesem Nachhaltigkeitsgedanken haben die Stuttgarter bereits vor einigen Jahren angesetzt und als erster Hersteller ein Leitungsportfolio für verschiedene Anwendungen im Niederspannungsbereich entwickelt, das auf immer größeres Interesse stößt.

Auch in der Karosserieproduktion in Dingolfing kommen die Leitungen zum Einsatz. Darunter die ÖLFLEX DC 100. Mit ihrer maximalen Spannung von 0,75 / 1,5 kV ist sie die ideale Grundlage für energieeffiziente DC-Netze in industriellen Anlagen und macht sie zur ersten Wahl für Automobilhersteller.

Ebenso verbaut ist die ÖLFLEX DC Grid 100. Als DC-Starkstromkabel für Gleichstromnetze bietet sie in industriellen Anlagen einen flexiblen, feindrähtigen Aufbau, der selbst in trockenen, feuchten und nassen Umgebungen eingesetzt werden kann. Somit ist sie für Steuerungsanlagen, Motoren und Frequenzumrichter geeignet. An der siebten Achse der Roboter in der Anlage kommt die ÖLFLEX DC Robot zum Einsatz.

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In der Automobilfertigung sind die Anforderungen an Robotikanwendungen hoch. Das Kabel wurde speziell entwickelt, um diesen extremen Bedingungen standzuhalten. Seine große Flexibilität ermöglicht es den Robotern, sich präzise zu bewegen, während es gleichzeitig widerstandsfähig gegenüber Rotationen und Biegungen bleibt. Die kompakte Bauweise spart darüber hinaus wertvollen Platz.

Unverzichtbar für die Fertigungslinie sind bewegliche Anwendungen und auch hierfür gibt es die passende Lösung. Die ÖLFLEX DC Chain 800 kann in Schleppketten mit langen Verfahrwegen oder hohen Beschleunigungen eingesetzt werden. Ihre besonders kurze Aderverseilung erlaubt kleinste Biegeradien. Ihr Außenmantel aus speziell entwickeltem thermoplastischem Polymer ist chemisch beständig und ölbeständig.

DC-Leitungen sparen Ressourcen und Platz

Alle Leitungen vereint ein weiterer Vorteil gegenüber den bekannten AC-Leitungen: Während für Wechselspannung 5-adrige Leitungen benötigt werden, kommen bei Gleichspannung ein bis zwei Leiter weniger zum Einsatz. Die geringere Leiteranzahl sorgt dementsprechend für weniger Materialeinsatz: Somit wird für DC-Leitungen weit weniger Kupfer benötigt als für ihre AC-Schwestern. Das macht sie darüber hinaus deutlich platzsparender und gerade für Anwendungen mit beengten Platzverhältnissen oder auch in Schaltschränken interessant. Das Material-Einsparpotenzial liegt hier bei etwa 40 %.

Die Karosseriebauanlage in Dingolfing ist ein Anwendungspilot, der die DC-Technologie derzeit in der Praxis testet. Sie wurden im Rahmen des Projekts DC-INDUSTRIE2 initiiert. Das deutsche Forschungsprojekt untersucht die Chancen und Herausforderungen der Gleichstromtechnik in industriellen Produktionsanlagen. Langfristig planen Forschende, ganze Fabrikhallen auf Gleichstrom umzustellen. Die Ergebnisse von DC-INDUSTRIE2 sind hierfür richtungsweisend, um energieeffiziente Lösungen und Standards zu kreieren.

Forschungsprojekte in DC-INDUSTRIE2

Auch Lapp ist Projektpartner. Die ÖLFLEX DC 100, die im Rahmen des Projekts entstanden ist, ist heute als Serienprodukt auf dem Markt. Doch nicht nur das Forschungsprojekt verbindet die beiden Unternehmen, sondern auch eine langjährige Partnerschaft. DC-Leitungen mit besonderen Leitungsquerschnitten wurden eigens und in kürzester Zeit für den Automobilhersteller als Prototyp angefertigt.

„Wir glauben daran, dass in Zukunft mehr und mehr Produktionsanlagen mit Gleichspannung versorgt werden“, kommentiert Heimler. Das DC-Portfolio erfährt zunehmend Interesse, denn es ist ein wichtiger Schritt Richtung Energiewende. Daher hat das Familienunternehmen Gleichstrom schon seit längerem zu einem wichtigen Teil seiner Zukunftsstrategie gemacht: Dabei hat man nicht nur die globale Forschung und Entwicklung, sondern auch die Steuerung von Labor- und Testzentrumsaktivitäten neu aufgestellt – so kann das Unternehmen noch schneller und agiler auf die Entwicklungen in der Industrie reagieren. (kr)

* Friederike Schmidt ist Project Manager Marketing Communications bei LAPP in Stuttgart.

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