Cyberkriminalität Industrielle Fertigung: Viele Geheimnisse, große Zielscheibe für Hacker

Von Susanne Braun 3 min Lesedauer

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Der Cybersicherheit-Rückblick auf das erste Halbjahr 2023 von Kaspersky ICS CERT verdeutlicht, dass Industriehersteller in den Bereichen Elektrotechnik, Automotive und mehr weiterhin beliebte Ziele für Cyber-Attacken darstellen.

Großunternehmen mit industrieller Fertigung werden immer häufiger Ziel von Cyberangriffen.
Großunternehmen mit industrieller Fertigung werden immer häufiger Ziel von Cyberangriffen.
(Bild: frei lizenziert / Pixabay)

Im ersten Halbjahr 2023 wurden Unternehmen wie der Chiphersteller TSMC, die taiwanesischen Computer- und Elektronik-Fertiger Micro-Star International (MSI) und Acer sowie weltbekannte Unternehmen wie Ferrari, Hahn, Rheinmetall und Hyundai Opfer von Cyberkriminalität, wie die Verantwortlichen von Kaspersky ICS CERT (Industrial Cybersecurity Assessment) im Rückblick auf das erste Halbjahr 2023 zusammenfassen. Und es ist wohl davon auszugehen, dass die Zahl der öffentlich bekanntgemachten Vorfälle in den kommenden Jahren nicht zurückgehen, sondern zunehmen.

Im Kaspersky-Report für das erste Halbjahr 2022 wurden zehn Berichte über kriminelle Ransomware-Attacken verzeichnet, bei denen die betroffene Hardware von den Angreifern infiziert und verschlüsselt wurde. Im zweiten Halbjahr 2022 stieg diese Zahl bereits auf 40. Für das erste Halbjahr 2023 liegt die Zahl bei 67 Vorfällen. Die zunehmende Tendenz ist deutlich erkennbar.

„Denken Sie daran, dass wir uns in unseren Berichten normalerweise nur auf öffentlich bekannt gegebene Vorfälle und von der betroffenen Organisation oder staatlichen Behörden offiziell bestätigte Cyberkriminalität konzentrieren. Diese zeigen jedoch nur die Spitze des Eisbergs, da die überwiegende Mehrheit der Unternehmen nicht bekannt gibt, dass sie kompromittiert wurden, und sich weigert, Presseberichte zu bestätigen, wenn sie in Online-Listen von Opfern von Internetkriminalität aufgenommen werden“, unterstreichen die Verantwortlichen von Kaspersky. In ihren Augen solle man den aktuellen Wert mit zehn multiplizieren, und dann hätte man wohl einen realistischeren Eindruck vom gesamten Eisberg.

Industrielle Fertigung ist ein Hauptziel für Cyberkriminalität

Im Rahmen des Berichts teilt Kaspersky ICS CERT einige interessante Erkenntnisse. So beschränken sich die Angriffe nicht auf einen Industriesektor oder nur einige wenige, sondern die Cyberkriminellen stellen sich breit auf. Ganz gleich, ob es im Tagesgeschäft des Ziels um Metallurgie geht oder um Elektronikfertigung, um Bergbau, die Produktion von Lebensmitteln, um die Herstellung von Automobilen oder um die Pharmazie – alle Sparten sind gleichermaßen betroffen. Dennoch lässt sich erkennen, dass insbesondere die Automobil-Produktion sowie die Transportbranche betroffen sind.

Auch die Hersteller von Mikroelektronik rücken in den Fokus der Angreifer. Sorgt eine Cyberattacke dort für den Stillstand der Produktion, hat das teils weitgreifende Auswirkungen auf weitere Industriezweige. Zudem liegt der Schutz der Betriebsgeheimnisse und Abläufe meist in Unternehmenshand und ist in manchen Fällen oftmals nicht so ausgeprägt wie im Energiesektor.

Hohe Anzahl bekannter Namen

Auffällig sei in den Augen der Leute von Kaspersky ICS CERT des Weiteren, dass eine große Anzahl bekannter Namen im ersten Halbjahresrückblick auftaucht. Wie eingangs bereits erwähnt sind namhafte taiwanesische Unternehmen wie TSMC, MSI und Acer dieses Jahr bereits betroffen gewesen. „Leider erweisen sich selbst die großen Budgets, die für die Informationssicherheit bereitgestellt werden, als unzureichend“, so Kaspersky ICS CERT. „Und da diese Unternehmen versuchen, keine Details über Angriffe zu veröffentlichen (wahrscheinlich aus Angst vor zusätzlichen direkten Verlusten), ist es schwierig, das tatsächliche Ausmaß des Schadens anhand von Daten aus öffentlichen Quellen zu beurteilen.“

Ebenso stellen die Verfasser des Berichts fest, dass es bei großen Unternehmen offenbar an der Effizienz und Umsetzung der Protokolle und Maßnahmen für die Cybersicherheit zu hapern scheint. „Viele Organisationen, darunter mindestens drei große Unternehmen, wurden durch eine ungepatchte Sicherheitslücke in zwei verschiedenen MFT-Produkten (Managed File Transfer) gefährdet“, heißt es. Und weiter: „Es ist auch erwähnenswert, dass große Industrieunternehmen oft nicht in der Lage sind, gefährliche Schwachstellen in den technischen Netzen ihrer Unternehmen und im Büronetzwerk schnell zu flicken.“

Eine nicht zu unterschätzende Gefahr

Heutzutage sind erfolgreiche Cyberattacken gegen Unternehmen nicht nur ärgerlich, weil das Ansehen in der Öffentlichkeit leidet oder sensible Daten von den Angreifern gestohlen wurden. Immer häufiger haben die Angriffe, wie die zuvor erwähnten Ransomware-Attacken, das Ziel, Teile oder gar die komplette Produktion lahmzulegen oder zu verlangsamen. Dass ein einziger großer und ungeplanter Eingriff in gewohnte Abläufe und Lieferketten auf Monate hin Einfluss auf die Effektivität der Prozesse nehmen kann, hat etwa der Vorfall mit einem der größten Containerschiffe der Welt gezeigt.

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Im März 2021 blockierte das Schiff Ever Given tagelang den Suezkanal und störte damit den Welthandel empfindlich. Vergleichbare, digitale Störungen benötigen allerdings kein riesiges Containerschiff, sondern in den meisten Fällen nur einen Zugang ins Internet und eine augenscheinlich winzige, nicht geschlossene Lücke in einem Betriebssystem(sb)

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