Ist der Preis zu hoch? Kryptowährungen und ihr hoher Stromverbrauch

Von Maria Beyer-Fistrich 7 min Lesedauer

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Der Stromverbrauch von Kryptowährungen ist ein kontroverses Thema, das in den vergangenen Jahren immer wieder im Fokus der Öffentlichkeit stand. Digitale Währungen wie Bitcoin, die durch Verwendung von Blockchain-Technologie erzeugt werden, haben Vorteile – aber vor allem hinsichtlich ihres Energiebedarfs auch viele Nachteile.

Das Cambridge Centre for Alternative Finance (CCAF) schätzt, dass Bitcoin-Mining ab 2022 jährlich etwa 100 Terawattstunden verbraucht – also so viel Elektrizität wie Ägypten in einem Jahr benötigt.
Das Cambridge Centre for Alternative Finance (CCAF) schätzt, dass Bitcoin-Mining ab 2022 jährlich etwa 100 Terawattstunden verbraucht – also so viel Elektrizität wie Ägypten in einem Jahr benötigt.
(Bild: frei lizenziert / Pixabay)

Das Thema Kryptowährungen ist für manch einen in der Tat kryptisch, und obgleich sicherlich viele auch bei real existierenden Landeswährungen nicht im Detail wissen, wie diese funktionieren, ist es bei Kryptowährungen noch undurchschaubarer. Dies hat vor allem damit zu tun, dass Kryptowährungen, so wie der bekannteste Vertreter Bitcoin, nicht greifbar sind. Eine Analogie besteht zu Aktien, denn man kauft sich Bitcoins und kann von steigenden Kursen profitieren, aber auch viel Geld verlieren. Dabei gibt es im Gegensatz zu Unternehmen aber keine eigentlichen Produkte und keine von den Investoren bewertbaren Marktstrategien, wenn man einmal von manchen kleineren Kryptowährungen absieht, die zwecks Steigern der Bekanntheit Marketing betreiben.

Kryptowährungen und der enorme Strombedarf

Bei all dem spielt auch das Thema Strombedarf eine Rolle. Es sind nämlich computerbasierte Rechenvorgänge nötig, um eine Kryptowährung aufrechtzuerhalten – du diese verbrauchen eine Menge Strom, weswegen Kryptowährungen auch in Verruf geraten sind.

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Es geht dabei um mehr als das, was bei normalen Banktransaktionen computerseitig zu tun ist. Vielmehr stellen etliche voneinander unabhängige Nutzer ihre Hardware für die Rechenvorgänge bereit – dies ist auch nötig, denn bei den Rechenvorgängen für Kryptowährungen gibt es Besonderheiten.

Ein wichtiger Punkt bei Kryptowährungen ist nämlich, dass diese dezentral sind. Es gibt keine offizielle Bank, die die Währung kontrolliert und die Konten derer verwaltet, die zum Beispiel Bitcoins besitzen. Vielmehr hat eine Kryptowährung die sogenannte Blockchain. Das ist ein verschlüsseltes, digitales Konstrukt, welches die Konten und Transaktionen der Währung repräsentiert und durch die Verschlüsselung extrem sicher und zugleich anonym ist.

Die Transaktionen finden einzig zwischen den jeweils beiden Beteiligten, also Sender und Empfänger des Betrages statt. Die Blockchain wird ständig durch komplizierte Algorithmen auf dem aktuellen Stand gehalten, wobei Nutzer durch ihre im Netzwerk zusammengeschlossenen Computer Rechenpower zur Verfügung stellen. Jeder Nutzer mit einem geeigneten Computer kann dabei mitmachen, wenn er möchte – dies macht die Sache komplett dezentral.

Sicherheit und Anonymität können aber auch zum Nachteil werden – denn wer den Zugang zu seinem Konto, auch „Digitale Wallet“, also digitaler Geldbeutel genannt, verliert, kann sich nicht an irgendeine Stelle wenden, um einen neuen Zugriff zu erhalten. Es gibt Fälle, bei denen Nutzer Anfang 2011, als ein Bitcoin etwa einem Dollar entsprach, eher aus Spaß 20 Bitcoins gekauft haben, aber ihr Passwort für die digitale Wallet nicht mehr kennen.

Diese Nutzer sitzen mittlerweile – ein Bitcoin ist derzeit über 15.000 Dollar wert – auf einem sechsstelligen Vermögen, an das sie aber nicht herankommen. Diese möglichen Kurssteigerungen haben für Aufsehen gesorgt und Kryptowährungen populär gemacht. Doch die Risiken sind mindestens so hoch wie die Investition in die Aktie eines kleinen, aufstrebenden Unternehmens. Wer sich vor gut einem Jahr Bitcoins kaufte, als eine einzige Bitcoin über 68.000 Dollar kostete, hat laut aktuellem Kurs nämlich wiederum weniger als ein Viertel seiner Investition übrig.

Wie funktioniert eine Kryptowährung?

Doch kommen wir zurück zur technischen Seite. Wie genau die Blockhain einer Kryptowährung berechnet wird, unterscheidet sich bei den verschiedenen Kryptowährungen teils erheblich. Das hat zur Folge, dass die Frage, welche Hardware für die Berechnungen besonders effizient sind, unterschiedlich beantwortet werden muss. Doch warum ist diese Frage überhaupt wichtig? Natürlich stellen Nutzer ihre Computer nicht aus purem Eigennutz dem Netzwerk zur Verfügung, sondern sie erhalten als Entlohnung Anteile an der jeweiligen Kryptowährung.

Daher ist es natürlich enorm wichtig zu wissen, wie hoch der Ertrag pro Zeiteinheit ist, wenn man bestimmte Hardware dafür zur Verfügung stellt. Man spricht dabei davon, dass diese Nutzer die Währungen „schürfen“ – auf Englisch heißt dies „Mining“. Als „Miner“ bezeichnet man dabei in der Regel vor allem Nutzer oder Firmen, die dies im größeren Stil tun. Sind gleich Dutzende Computer an einem Ort für Mining aufgestellt, spricht man auch von einer Mining-Farm.

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Wenn nun eine Kryptowährung einen besonders starken Kursgewinn durchmacht, ist es folglich möglich, dass die dafür am besten geeignete Hardware von professionellen Minern stärker nachgefragt wird. Natürlich spielen die Stromkosten eine immer geringere Rolle, je attraktiver die Aussicht auf eine Entlohnung ausfällt. Und je höher der Kurs einer Kryptowährung ist, desto eher lohnt sich der Kauf von Hardware selbst dann, wenn sie teurer wird. Wichtig ist dabei, wie effizient eine bestimmte Hardware bei der jeweiligen Währung arbeitet.

Bei der Kryptowährung Ether mit der zugehörigen Blockchain Ethereum sind wegen der verwendeten Algorithmen beispielsweise Grafikkarten besser geeignet als CPUs. Im Internet findet man genaue Tabellen für Grafikkarten, in der sie eine sogenannten Hashrate für die Ethereum-Blockchain erhalten. Vereinfacht gesagt ist ein Hash ein Code, der aus den bei einer Transaktion zu verschlüsselten Daten entsteht und zum Bestandteil der Blockchain wird. Bei der für Kryptowährung nötigen Verschlüsselung kommen also etliche Hashs zusammen.

Welche Kryptowährung lohnt sich?

Kennt man den aktuellen Ethereum-Kurs und die Stromkosten, kann man bei Grafikkarten-Modellreihe anhand ihrer Hashrate und ihrem Strombedarf bei Last ausrechnen, wie viel Dollar sie zum Beispiel pro Tag einbringt. Dazu gibt es freilich einige Websites, auf denen man all diese Daten erfahren kann. Kennt man den Ertrag pro Tag, kann man sich ausrechnen, wie lange man Mining betreiben muss, damit sich der Kaufpreis einer Grafikkarte amortisiert.

Dabei muss man je nach Umfang des Vorhabens auch noch Personal- und Gebäudekosten beachten. Dabei gab es von Ende 2020 bis Ende 2021 Bemerkenswertes zu beobachten: Der Ethereum-Kurs schoss parallel zum Bitcoin-Kurs nach oben, sodass normale Gaming-Grafikkarten für Mining extrem gefragt waren. Es gab es aber Lieferprobleme wegen der pandemiebedingten Chip-Lieferkrise, sodass sich die Preise für Grafikkarten verdoppelten.

Einzelne Modellreihen wurden aber sogar noch teurer als die an sich für Spiele gleichstarke Konkurrenz. Denn die Hashrate korreliert nicht mit der Gaming-Leistung. Die Grafikkarten-Reihe Nvidia GeForce RTX 3080 ist beispielsweise für Spiele ähnlich stark wie AMDs Radeon RX 6800 XT-Serie, war aber in der Lieferkrise deutlich teurer als die AMD-Reihe. Der vermutliche Grund: Ihre Hashrate ist deutlich besser, sodass sie selbst mit Preisaufschlag für Miner immer noch lukrativer war als die AMD-Serie. Natürlich sind dabei auch Annahmen wie Kursschwankungen und ein späterer Verkauf der Hardware auf dem Gebrauchtmarkt mit im Spiel, wenn es um die Frage geht, ob der Kaufpreis bestimmter Hardware derzeit lohnenswert erscheint. Seit dem Verfall der Kurse von Ethereum (parallel zu dem von Bitcoins) Ende 2021 sanken die Grafikkarten-Preise seit Anfang 2022 stark, auch begünstigt durch eine inzwischen deutlich bessere Lieferbarkeit.

Warum verbrauchen Kryptowährungen wie Bitcoin so viel Strom?

Besonders wichtig beim Thema Kryptowährungen bleiben für die Allgemeinheit freilich die Stromkosten. In Ländern mit besonders niedrigen Strompreisen tummeln sich Miner daher – doch da der Stromverbrauch von Mining in der Summe enorm hoch sein kann, haben viele Länder, auch die EU, bereits über Verbote nachgedacht. Länder wie China oder Indonesien haben dem inzwischen einen Riegel vorgeschoben, schränken den Handel mit Kryptowährungen ein oder verbieten sogar den Handel sowie Mining. Allerdings sind die Beweggründe dafür nicht unbedingt immer der Strombedarf. Auch das Verhindern von nicht nachverfolgbaren Transaktionen ist wohl eine Motivation in vielen Verbots-Ländern, obgleich der Stromverbrauch gerne als Argument genannt wird. China verbot im Jahr 2021 Transaktionen sowie Mining von Kryptowährungen - zuvor hatten schon einzelne chinesische Provinzen das Mining verboten, und zwar dabei oft mit der Begründung, dass Mining zu viel Strom aus dem lokalen Markt wegnehmen und somit der Volkswirtschaft und anderen Unternehmen schaden würde.

Der Strombedarf ist nicht nur ein wichtiges, sondern auch ein strittiges Thema. Wirklich unabhängige und weitgreifende Studien fehlen derzeit noch, allein schon, da das Phänomen Bitcoin ja gerade erst einmal ein wenig älter als 10 Jahre ist. Befürworter von Kryptowährungen bemängeln, dass die angeführten kleineren Studien oder Berechnungen oft von Kritikern durchgeführt werden, bei denen auch Dinge miteinfließen, die nicht unbedingt mit der reinen Rechenarbeit zu tun haben. Auch würden viele Faktoren nur auf Annahmen basieren, daher lassen sich keine genauen Zahlen nennen – eine Quelle, die den Energiebedarf aber versucht abzuschätzen, ist beispielsweise auf der Website Digiconomist zu finden. Dort gibt es eine Verlaufskurve für den Strombedarf von Bitcoin, unter der auch Vergleichsbeispiele zum aktuellen Jahresverbrauch zu finden sind.

Wie viel Strom verbrauchen Kryptowährungen wie Bitcoin?

Der CO₂-Fußabdruck von Bitcoin entspricht demnach derzeit dem der gesamten Schweiz, der Stromverbrauch dem von Kolumbien. Beim elektronischen Abfall kommt die Menge zustande, die der Menge vom in den Niederlanden entsorgtem IT-Equipment entspricht. Für eine einzige Transaktion fällt so viel Strom an, dass ein Durchschnitts-US-Haushalt 26 Tage damit auskommen würde. In CO₂ gemessen könnte man auch über 900.000 VISA-Transaktionen durchführen oder über 70.000 Stunden, also fast 8 Jahre durchgängig YouTube schauen. Vor allem letztere Zahlen geben zu denken, da der Anteil an der Weltbevölkerung, die Bitcoins aktiv nutzen, derzeit noch extrem gering ist. Laut Statista gab es insgesamt 784 Millionen Transaktionen mit Bitcoins. Und zwar nicht pro Jahr, sondern seitdem Bitcoins überhaupt existieren.

Zum Vergleich: Allein mit Kreditkarten in Deutschland finden pro Jahr 1,7 Milliarden Transaktionen statt. Nun könnte man zum einen sagen, dass Bitcoins oder Kryptowährungen allgemein offenbar ein Randphänomen sind. Zum anderen muss man aber anmerken, dass – sofern die Daten für die Einschätzung bei Digiconomist auch nur halbwegs korrekt sind – die Größe des Energiebedarfs gemessen daran umso erschreckender ist und man sich eher nicht wünschen sollte, dass Kryptowährungen einen regen Zulauf erfahren. Genaue Rückschlüsse sind aber erst dann möglich, wenn es mehr und auch größere unabhängige Studien und Prognosen gibt. Die hinter Ether stehenden Verantwortlichen haben übrigens das Thema Stromverbrauch als Kritikpunkt erkannt: Sie veränderten das Blockchain-Verfahren so, dass eine Art Verlosung für die Entlohnung mit im Spiel ist, was den Strombedarf für die Ethereum-Blockchain um über 99 Prozent reduzieren soll.

(mbf)

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