Chipfabrik-Ausrüstungen Japan beschließt China-Boykotte – nennt sie aber anders

Von Henrik Bork* 3 min Lesedauer

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Japan hat – wohl auf Drängen der USA – eine Exportkontrolle für Güter eingerichtet, die essenziell sind für die Produktion moderner ICs. Primärziel der Einschränkungen ist erkennbar China. Um es sich mit seinem wichtigen Handelspartner nicht zu verscherzen, nennt Japan noch 159 andere betroffene Länder.

Die Fertigung moderner Chips mit kleinen Strukturgrößen erfordert einen ganzen Fuhrpark unterschiedlicher Maschinen etwa zur Oberflächenbearbeitung, Beschichtung, Reinigung und Belichtung von Wafern. Japan schränkt nun die Ausfuhr dieser Anlagen ein – ähnlich wie es die Niederlande mit Produkten von ASML tut.
Die Fertigung moderner Chips mit kleinen Strukturgrößen erfordert einen ganzen Fuhrpark unterschiedlicher Maschinen etwa zur Oberflächenbearbeitung, Beschichtung, Reinigung und Belichtung von Wafern. Japan schränkt nun die Ausfuhr dieser Anlagen ein – ähnlich wie es die Niederlande mit Produkten von ASML tut.
(Bild: ASML)

Japan hat seine Exportkontrollen verschärft – und setzt damit eine mit den USA getroffene Vereinbarung um. Konkret bedeutet das: 23 verschiedene Ausrüstungen zur Produktion von Halbleitern stehen seit dem 23. Juli auf einer Liste in Tokio, für die ihre Hersteller ab sofort eine Genehmigung für den Export ins Ausland benötigen. China ist darauf zwar nur als eines von 160 betroffenen Ländern genannt, doch am Ziel der Exportrestriktionen besteht kein Zweifel.

Die verschiedenen Tools auf der Liste, darunter solche für Cleaning, Checkups und Lithografie, werden zur Herstellung moderner Halbleitern benötigt. Auf der Liste stehen unter anderem auch Maschinen für die EUV-Lithografie („extreme ultraviolet“).

Nachdem bereits die Niederlande auf Drängen der USA einige der fortgeschrittensten Lithografie-Ausrüstungen von ASML auf Exportkontrolllisten gesetzt hatten, ist die Beschaffung von EUV-Ausrüstungen für China nun nach dem japanischen Mitziehen so gut wie unmöglich geworden.

Chinesische Regierung ist verärgert

Die chinesische Regierung zeigte sich verärgert. Japan habe „Wirtschaftsfragen politisiert und das Konzept der nationalen Sicherheit überdehnt, um die Zusammenarbeit mit China in der Halbleiterindustrie und verwandten Industrien zu schwächen“, sagte Shu Jueting, ein Sprecher des chinesischen Handelsministeriums.

Medienberichten zufolge erwägt Peking nun weitere Vergeltungsmaßnahmen als Antwort auf die Boykotte für Halbleiter und Ausrüstungen seitens der USA und ihrer Verbündeten. „Gegenmassnahmen“ könnten „schon bald verkündet werden, zitierte die parteinahe Zeitung „Global Times“ in Peking einen chinesischen Analysten.

Verschärft Peking nun seinerseits Gegenmaßnahmen?

Bislang waren alle konkreten Vergeltungsmaßnahmen aus Peking im Chip War noch relativ moderat ausgefallen. So hatte Peking im April einer Reihe von chinesischen Unternehmen den Import bestimmter Chips des US-Herstellers Micron verboten.

Im Vergleich zu der langen „schwarzen Liste“, die seit mehreren Jahren in Washington wächst, was Exporte von Chips und Ausrüstungen nach China betrifft, kann dieser Warnschuss gegen eine einzelne Firma in den USA nicht als sonderlich aggressiv gewertet werden.

China hat bereits Exportgenehmigungen für Gallium und Germanium eingeführt

Und im Juli dieses Jahres hatte China verfügt, dass Exporte von Gallium und Germanium, zwei für die Herstellung besonders von Leistungshalbleitern wichtige Metalle, nicht mehr ohne Genehmigung exportiert werden dürfen. Auch dies war von Analysten noch eher als Warnschuss an die Adresse Washingtons, denn als scharfe Eskalation im Halbleiterkrieg zwischen Peking und Washington gewertet worden.

Nun aber verschärft sich in Peking allmählich der Ton, zumindest in unverstellt nationalistischen Medien wie der Global Times. Japan „folgt blind dem Beispiel der USA beim Containment Chinas“ und dieser „unvernünftige Schritt“ könnte die japanische Industrie schon bald in unnötige Schwierigkeiten bringen, kommentierte das Blatt die Entscheidung in Tokio.

„Japanische Schritte werden nach hinten losgehen“

„Die japanischen Schritte werden nach hinten losgehen,“ zitierte das Blatt Da Zhigang, den Direktor des Instituts für Nordost-Asiatische Studien an der Akademie der Sozialwissenschaften in der Provinz Heilongjiang. In Chinas Medien wird offen darüber spekuliert, wie japanischen Chiphersteller wie Nikon oder Tokyo Electron leiden könnten, falls ihnen der Zugang zum chinesischen Markt erschwert werde.

China ist der größte Auslandsmarkt für japanische Hersteller von Halbleiter-Ausrüstungen. Im vergangenen Jahr lag der Gesamtwert von japanischen Exporten nach China bei 820 Milliarden japanischen Yen (rund 5,3 Milliarden Euro). Das waren etwa 30 Prozent aller japanischen Exporte von Halbleiterausrüstungen.

Auch chinesische Vergeltungsmaßnahmen gegen japanische Chiphersteller oder Produzenten von E-Autos seien denkbar, hieß es in chinesischen Medienberichten.

China ist wichtiger Markt für Japan

In Tokio gab es unterdessen bei einigen Regierungsvertretern erkennbare Nervosität, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. So habe Tokio absichtlich nicht China genannt, als es die neuen Exportkontrollen veröffentlichte, schreibt die Agentur. Vielmehr seien die neuen Genehmigungen ja für Exporte in 160 verschiedene Länder erforderlich. Erkennbar war hier der Versuch der japanischen Regierung, den Verbündeten in Washington zufrieden zu stellen, gleichzeitig aber den wichtigen Handelspartner China nicht komplett zu verärgern.

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In vertraulichen Gesprächen deuteten japanische Beamte an, die Boykotte von Ausrüstungen gegenüber China nicht ganz so strikt umsetzen zu wollen, wie dies von den USA gehandhabt wird. In Tokio werde anders als in Washington nicht die Rechtsvermutung der Verweigerung („presumption of denial“) angewandt, was die Praxis der Ausfuhrkontrollen betreffe, hieß es. Viele japanische Maschinen und Teile könnten daher auch weiterhin nach China exportiert werden. (me)

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