Schon in wenigen Jahren Weltmarktführer? Leistungshalbleiter: China drängt an die Spitze

Von Henrik Bork* 5 min Lesedauer

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Der Bericht des „Korea Institute for International Economic Policy“ (KIEP) dürfte die Unternehmenslenker der Leistungselektronik-Platzhirsche aufhorchen lassen: Demnach könnten chinesische Konkurrenten sie bereits in wenigen Jahren abhängen.

Zeekr ist einer der vielen chinesischen Elektroautohersteller, der allein in dem riesigen Heimatmarkt den Bedarf an Leistungs-ICs nach oben treibt. Für 2024 plant der hinter Zeekr stehende Geely-Konzern den Eintritt in den europäischen Markt – und erhöht den Druck auf hiesige Hersteller.
Zeekr ist einer der vielen chinesischen Elektroautohersteller, der allein in dem riesigen Heimatmarkt den Bedarf an Leistungs-ICs nach oben treibt. Für 2024 plant der hinter Zeekr stehende Geely-Konzern den Eintritt in den europäischen Markt – und erhöht den Druck auf hiesige Hersteller.
(Bild: Zeekr)

China könnte schon bald der globale Technologieführer bei Leistungshalbleitern sein, sagt eine aktuelle Studie voraus. Schon innerhalb der „nächsten fünf bis zehn Jahre“ könnte China dieses Segment der Halbleiter-Industrie dominieren, heißt es in dem Bericht des „Korea Institute for International Economic Policy“ (KIEP). Die Analyse des von der südkoreanischen Regierung unterstützten Forschungsinstituts in Sejong dürfte den Regierenden in Seoul gar nicht gefallen. Denn Power-Chips sind ein wichtiger Pfeiler der südkoreanischen „K-Semiconductor Belt Strategy”.

Chinas Regierung verstärke gerade ebenfalls massiv die Unterstützung für heimische Unternehmen. Das mache diese insbesondere bei Leistungshalbleitern der nächsten Generation (SiC- und GaN-Chips) wettbewerbsfähiger. Ziel sei es, „hier die Technologie-Führerschaft zu übernehmen“, schreibt KIEP.

Bislang hinken chinesische Unternehmen noch hinterher

China hinke bei NAND-Flash noch etwa zwei Jahre, bei DRAM etwa fünf Jahre hinter den gegenwärtigen Technologieführern hinterher, hat KIEP mit seiner Studie ermittelt. Dazu zählen etwa Samsung in Südkorea oder Infineon in Deutschland. Zu den Unternehmen, die besonders konsequent auf die kommende Generation von Leistungshalbleitern setzen, zählt auch STMicroelectronics.

Man könnte auch schreiben „nur noch zwei” oder „nur noch fünf Jahre“. Die Kommunistische Partei Chinas und die von ihr kontrollierte Regierung sieht die Chance, sich bei einem Technologiesprung, wie es der Wechsel zu SiC- und GaN-Chips darstellt, per „Leapfrogging“ weltweit an die Spitze der industriellen Hackordnung zu setzen, argumentieren die Autoren der Studie sinngemäß.

Gesamte Lieferkette im Land

Die Anstrengungen chinesischer Unternehmen, zum Teil stark gefördert von der Zentralregierung in Peking und von Regierungen auf Provinz- oder Lokalebene, sind dabei über die gesamte Lieferkette für Leistungshalbleiter und Logikchips verteilt.

So habe sich die chinesische Firma Biren Technology die Fähigkeit zum Design von Hochleistungs-GPUs erarbeitet. Huawei beantrage Patente unter anderem beim Packaging (Wafer-Level Packaging durch digitale Nachbearbeitung), der extremen Ultraviolett-Lithographie (EUV) und bei Chip-Design-Software (EDA). Alibaba, Bytedance und Tencent wiederum hätten mit dem Design von KI-Chips begonnen, fasst KIEP die wichtigsten Entwicklungen zusammen.

Auch chinesische Hersteller von Ausrüstungen und Prozesslösungen für Leistungshalbleiter, etwa NAURA (Beifang Huachuang) oder AMEC (Zhongwei Bandaoti) erhielten vermehrt Investitionen vom chinesischen Staat und könnten damit ihre Lokalisierungsrate schnell steigern, ist dem Bericht aus Südkorea zu entnehmen.

Bei Aufholbedarf Kooperation mit ausländischen Marktführern

Wo man noch Aufholbedarf hat, lädt man ausländische Marktführer großzügig ein, gemeinsam in China zu investieren. So haben das chinesische Unternehmen Sanan Optoelectronics und der europäische IDM STMicroelectronics mit Hauptsitz in Genf im vergangenen Monat gerade ein neues Joint-Venture-Unternehmen in Chongqing in der Provinz Sichuan gegründet, dass sich auf die Produktion von SiC-Leistungshalbleitern für E-Autos konzentriert.

3,2 Milliarden US-Dollar, umgerechnet rund 2,86 Milliarden Euro, werden dort investiert, wobei ein öffentlich nicht genannter Teil des Geldes von der örtlichen Regierung aufgebracht worden ist. Das chinesische Unternehmen Sanan, das in Xiamen an der chinesischen Ostküste beheimatet ist, werde 51% der Anteile an dem Gemeinschaftsunternehmen kontrollieren, STMicrolectronics 49%, gaben die Unternehmen bekannt.

Chongqing: 14. Fünf-Jahresplan mit ambitionierten Zielen

Die Parteikader in Chongqing hatten sich in ihrem lokalen „14. Fünf-Jahres-Plan“ unlängst das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2025 zum größten Produktionsstandort von Power-Halbleitern in China zu werden – um nur eines der vielen ambitionierten lokalen Förderprojekten zu nennen.

Bisher ist diese Industrie vor allem in den Mündungsdeltas des Perlflusses in der Provinz Guangdong (114 entsprechende Unternehmen) oder dem des Jangtse-Flusses in der Provinz Jiangsu (82 Hersteller von Leistungshalbleitern) angesiedelt. Nun aber will die Millionenmetropole Chongqing mitspielen und ist bereit, dafür viel Geld auszugeben.

E-Mobilität: China ist riesiger, schnell wachsender Markt

Neben solcher Nachhilfe seitens chinesischer Regierungen auf allen Ebenen sind es vor allem die schiere Größe des chinesischen Marktes und dessen starkes Wachstum, die solche Investitionen derzeit als klug erscheinen lassen.

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So hat sich die Produktion von Elektrofahrzeugen und Hybriden in China im Jahr 2022 beinahe verdoppelt, auf mehr als sieben Millionen Fahrzeuge. China ist schon acht Jahre in Folge der weltweit größte Markt der E-Mobilität. Und er wächst zudem immer noch schneller als irgendein anderer auf der Welt.

Trotz aktueller Konjunkturflaute: Nachfrage nach Power-ICs in China wächst

Da in E-Autos zudem wesentlich mehr Power-Chips verbaut werden als in Autos mit Verbrennungsmotor, wächst auch der Markt für Leistungshalbleiter in China mittelfristig weiter, trotz der aktuellen, globalen Konjunktur-Flaute in der Halbleiterindustrie. Hatte er 2020 noch einen Marktwert von 17,2 Milliarden US-Dollar (rund 15,4 Mrd. Euro), so soll er bis 2024 mindestens auf den Wert von 20,6 Mrd. USD (rund 18,4 Mrd. Euro) wachsen, sagt das Marktforschungsinstitut Omdia voraus.

Das Segment der GaN-Chips dürfte dabei in China sogar noch schneller wachsen. Das Weitband-Material hat sich in der Verbraucherelektronik bereits stark durchgesetzt, etwa bei leistungsstarken Schnell-Ladegeräten, von denen Unternehmen wie Xiaomi, Vivo, Lenovo, OnePlus Technology oder Nubia in China riesige Mengen herstellen.

Knowhow und Networking-Event für Leistungselektronik- und Stromversorgungsexperten

Power of Electronics am 17. und 18. Oktober 2023 in Würzburg

Power of Electronics
(Bild: VCG)

Das Elektronikevent für Entwickler und Ingenieure bündelt sechs Spezialkonferenzen, die sich angefangen von der effizienten Stromversorgung über die intelligente Nutzung von elektrischer Leistung, effektiver Elektronikkühlung, neuester Relaistechnik, bis hin zur geordneten Abführung der überschüssigen Energie erstrecken.
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„Asien wird Weltmarkt für GaN-Produkte aller Art dominieren“

Asien werde mit seinen großen Produktionskapazitäten und voll ausgebildeten Lieferketten den Weltmarkt für GaN-Produkte aller Art dominieren, schreibt das Marktforschungs-Institut Yole in einem aktuellen Bericht.

Die große Nachfrage aus dem Bereich der Verbraucherelektronik, aber auch in den Telekom- und Datenindustrien in China, beflügelt bei GaN das Geschäft von chinesischen Großunternehmen wie Innoscience, schon jetzt der weltweit größte IDM von 8-Inch-GaN-Wafern, oder Sanan IC, einer Compound-Wafer-Foundry.

Außerdem ist die chinesische Industriepolitik auch im Bereich der GaN-Leistungshalbleiter sehr zielstrebig und langfristig angelegt. Dieser Komplex fällt in Peking in den Bereich der „Konstruktion einer neuen Infrastruktur“. Mit dieser Politik möchte die kommunistische Partei- und Staatsführung eine stärkere Unabhängigkeit vom Ausland und insbesondere eine stärkere Resilienz gegenüber den Halbleiter-Boykotten erreichen, mit denen die USA seit mehreren Jahren Chinas wirtschaftlichen und militärischen Aufstieg auszubremsen versucht. (me)

* Henrik Bork ist Managing Director und Analyst bei Asia Waypoint, einem auf den asiatischen Markt fokussierten Beratungsunternehmen mit Sitz in Peking.

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