Revolution des PC-Markts Maus für die Massen: 40 Jahre Apple Macintosh

Von Michael Eckstein und dpa 6 min Lesedauer

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Als Apple den Macintosh 128K vor 40 Jahren vorstellte, war dieser nicht der erste PC auf dem Markt. Er war auch kein Kassenschlager – gilt aber trotzdem als Meilenstein. Den Grund halten die meisten PC-Benutzer in ihrer Hand: Dank Computermaus und grafischer Bedienoberfläche musste man kein Experte sein, um ihn zu bedienen.

1984 brachte Apple den Apple Macintosh-PC auf den Markt. Mindestens ebenso ikonisch wie das Design des Computers war das an George Orwells Dystopie „1984“ angelehnte Werbevideo, das Star-Regisseur Ridley Scott („Alien“) in Szene setzte.
1984 brachte Apple den Apple Macintosh-PC auf den Markt. Mindestens ebenso ikonisch wie das Design des Computers war das an George Orwells Dystopie „1984“ angelehnte Werbevideo, das Star-Regisseur Ridley Scott („Alien“) in Szene setzte.
(Bild: Wikimedia Commons/GFDL)

Es war ein historischer Moment im kalifornischen Silicon Valley. Am 24. Januar 1984 kündigte sich ein neuartiger Computer auf der Bühne des Flint Centers in Cupertino selbst an: „Hallo, ich bin Macintosh“, sagte eine Roboterstimme. Die eigentliche Sensation war aber nicht die synthetische Stimme des ersten Apple Macintosh, sondern seine Bedienoberfläche.

„Für die User war die Bedienung des Apple Macintosh revolutionär“, sagt Michael Mikolajcza, Kurator im Heinz Nixdorf MuseumsForum (HNF) und ein Experte für die die Geschichte der Personal Computer. „Mit einer Maus den Cursor beziehungsweise Zeiger bedienen, Menüfenster verschieben und Menüleisten anklicken – ein Computer, der intuitiv bedienbar war, das gab es bisher noch nicht.“

Vorhandenes geschickt kombiniert

Dabei hat Apple weder die Maus noch die grafische Benutzeroberfläche erfunden. Dies gelang bereits Ende der 1960er Jahre Douglas C. Engelbart vom Stanford Research Institute (SRI). Dessen Erfindung verschwand aber nach einer spektakulären Vorführung in San Francisco, die als „The Mother of All Demos“ in die Geschichtsbücher einging, für rund zehn Jahre in der Schublade.

Es ist Apple-Gründer Steve Jobs und seinem Team zu verdanken, dass die Computermaus und die grafische Benutzeroberfläche dann doch noch für ein Massenpublikum entdeckt wurden. Die Engelbart-Erfindung war in der Zwischenzeit beim kalifornischen Forschungslabor Xerox PARC gelandet. Dort wurde eine Maus an den Computer Alto angeschlossen, mit der man Befehle auf dem Rechner ausführen, Texte markieren und Dateien öffnen konnte. Von dem Rechner wurden allerdings nur wenige Stück verkauft, weil er über 32 000 US-Dollar kostete. Das sind inflationsbereinigt heute umgerechnet mehr als 100.000 Euro.

Nachwirkender Besuch im Xerox-PARC-Forschungslabor

Apple erkaufte sich 1979 mit einem für Xerox vorteilhaften Aktiendeal das Recht, das PARC besuchen zu können. Jobs brachte eine ganze Truppe mit, die den Xerox-Forscherinnen und -Forschern wie Adele Goldberg und Larry Tesler Löcher in den Bauch fragten. Tesler war fasziniert: „Nach einer Stunde verstanden sie die Technologie unserer Demos und was sie bedeuteten besser als jeder Xerox-Manager nach all den Jahren, in denen wir sie ihnen gezeigt hatten.“

Nach dem Besuch im Xerox PARC gelang es den Apple-Ingenieuren, Maus und grafische Bedienoberfläche in einem deutlich günstigeren Rechner zusammenzufassen. Der Rest ist Geschichte. Nicht Xerox baute den ersten Computer mit einer Maus für die Massen, sondern Apple.

Rasanter Verkaufsstart – der schnell an Schwung verliert

Der erste Apple Macintosh erwies sich allerdings nach einem rasanten Start nicht als der erhoffte Umsatzriese. Im Streit um die Ursachen der Absatzmisere wurde Jobs dann vom damaligen Apple-CEO John Sculley aus der Firma gedrängt.

In den folgenden Jahren begründete der Mac zusammen mit den ersten Laserdruckern das Zeitalter des Desktop Publishings. Das war immerhin eine lukrative Nische. Bei den Marktanteilen fiel der Mac aber immer weiter zurück. Sculley wurde im Oktober 1993 gefeuert und durch den Deutschen Michael Spindler ersetzt.

Erstarkende Konkurrenz: Erst Windows 3.x, dann Windows 95

Die Situation für Apple verschärfte sich dramatisch, nachdem der Softwarekonzern Microsoft Windows auf den Markt brachte – eine grafische Benutzeroberfläche – offiziell „grafische Betriebssystemerweiterung“ – für sein Betriebssystem MS-DOS. Während die 1985 eingeführte Version 1.0 wenig Begeisterung hervorrief, setzte sich Windows 3.x ab 1990 mehr und mehr durch.

Im August 1995 folgte Windows 95, das in weiten Teilen der Mac-Oberfläche nachempfunden war – und ein Mega-Erfolg wurde. In Verbindung mit preiswerter Hardware von PC-Herstellern wie Compaq und Dell räumte Windows ab. Der Macintosh-Umsatz begann komplett wegzubrechen und Spindler fand keinen Weg, den Mac zu retten. Im Februar 1996 wurde „The Diesel“ durch den Restrukturierungs-Experten Gil Amelio ersetzt.

Apples letzte Rettung: Steve Jobs

Amelios größter Beitrag zu Rettung von Apple war es, sich wieder an Steve Jobs zu wenden. Der 1985 geschasste Apple-Mitbegründer hatte die Zeit genutzt, in seiner neuen Firma NeXT den „Computer der nächsten Generation“ entwickeln zu lassen. Das Hardware-Geschäft kam zwar nur schleppend voran, aber die Software erwies sich als Juwel.

Im Februar 1997 übernahm Apple NeXT für 429 Millionen Dollar – hauptsächlich wegen des Betriebssystems – und holte Jobs als Berater zurück. Sieben Monate später saß Steve Jobs wieder als CEO im Chefsessel des Unternehmens.

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Neustart des Macs: Quietschbunte iMacs

Jobs musste sich nun beeilen, um bei Apple die Pleite abzuwenden. Zunächst sicherte er sich einen Kredit über 150 Millionen Dollar von Microsoft und schloss einen Burgfrieden mit dem Erzrivalen. Mit dem Microsoft-Geld und den Ideen des britischen Designers Jony Ive konnte sich Apple nun daran machen, bei der Entwicklung des Macs einen Neustart zu wagen.

„Mit der Markteinführung des iMacs 1998 kehrte Apple wieder in die Erfolgsspur zurück“, sagt HNF-Kurator Mikolajcza. „Wieder überraschte Apple mit einem neuartig designten Produkt die Computerwelt. Schrill, in verschiedenen Farben erhältlich und als All-in-one Computer wurde der iMac ein kommerzieller Erfolg.“

Tim Cook krempelt ab 1998 die Produktion und Logistik um

Auch hinter den Kulissen wurde viel verändert. Unter Sculley stapelten sich bei Apple oft unverkäufliche Mac-Modelle in den Lagerhallen, während andere Modelle ausverkauft waren und nicht geliefert werden konnten. Im März 1998 warb Steve Jobs den Logistikexperten Tim Cook von Compaq ab. Cook schloss schnell die ineffizienten Fabriken von Apple in den USA und verlagerte die Mac-Produktion nach Asien.

Zur Renaissance des Macintosh haben vor allem die Laptop-Modelle beigetragen. Als Verkaufsknüller erwies sich vor allem das ultraleichte MacBook Air, das 2008 vorgestellt wurde.

Rohrkrepierer gab es auch unter Jobs und Cook

Apple leistete sich aber auch unter Steve Jobs und Tim Cook einige Flops. Der Power Mac G4 Cube fand wegen seiner außergewöhnlichen Gestaltung einen Platz in der Design-Kollektion im Museum of Modern Art in New York, überzeugte die Kundschaft von Apple wegen des hohen Preises allerdings nicht. Einen spektakulären Fehlgriff leistete sich Apple auch mit dem zylinderförmigen Mac Pro (2013), der kaum erweiterbar war und nur wenig Akzeptanz fand.

Bei den MacBooks konnte sich die 2016 eingeführte „Touch Bar“ nicht durchsetzen: Die konfigurierbare, multifunktionale Touch-Screen-Leiste oberhalb der Tastatur ersetzte die sonst dort sitzende Funktionstastenreihe. Die erhoffte Begeisterung bei den Anwendern blieb derweil aus, so dass aktuelle Apple-Klappcomputer wieder ohne OLED-Streifen ausgeliefert werden.

Trotzdem: Als Apple-Gründer Steve Jobs 2011 mit nur 56 Jahren einem Krebsleiden erlag, hinterließ er seinem Nachfolger Tim Cook einen erfolgreichen Technologiekonzern, der Milliardenumsätze machte und hohe Gewinne einfuhr. Mit einer Marktkapitalisierung von über 2,8 Billionen US-Dollar ist Apple heute das zweitwertvollste Unternehmen der Welt – knapp hinter Microsoft.

Prozessoren: Intel raus, Apple Silicon rein

Seit 2020 treibt eine Technologiewende den Absatz der Macs an: Im Herbst diesen Jahres stellte Apple mit den Neuauflagen des MacBook Air, des Mac mini und des MacBook Pro seine ersten Macintosh-Computer vor, die nicht mehr mit Hauptprozessoren von Intel laufen. Stattdessen kommt eigenes „Apple Silicon“ zum Einsatz: Ein komplexes, selbst entwickeltes System-on-a-Chip (SoC) mit dem Markennamen M, das auf der Prozessorarchitektur Arm des gleichnamigen Unternehmens basiert.

Die Arm-Architektur gilt als besonders energieeffizient und befeuert daher weltweit Milliarden von Smartphones und unzählige Embedded-Systeme, die ein enges Energiebudget haben. Aus diesem Grund hat auch Apple ab 2008 einen eigenen Prozessor auf Arm-Basis entwickelt, den A4. Dieser kam ab 2010 zum Beispiel im iPad und iPhone 4 zum Einsatz.

Mittlerweile zu hohe Performance für die meisten Anwender?

Basierend auf den Erfahrungen mit den eigenen iPhone-Chips begann Apple schließlich die Entwicklung der M-SoCs. Fester Bestandteil der mittlerweile in der dritten Generation eingeführten Chips ist neben mehreren Grafik-, Performance- und Effizienz-Kernen ein Block mit KI-Beschleunigern. Diese NPU (Network Processing Unit) ist auf massiv-parallele Datenverarbeitung für Matrizenberechnungen ausgelegt.

Auch der direkt auf dem SoC sitzende, über eine Hochleistungsschnittstelle angebundene Hauptspeicher (beim M1 LPDDR-DDR4X mit 4266 MHz und 128-Bit-Bus), auf den alle Rechenkerne direkt zugreifen können, sorgt für einen Performanceschub. In seiner größten Version, dem M3 Max, beherbergt das aktuelle Apple-SoC rund 94 Milliarden Transistoren. Noch mehr sind es beim M2 Ultra: 134 Milliarden Transistoren. Dieser Chip ist allerdings per Silizium-Interposer aus zwei M2-Ultra-Wafern zusammengesetzt. Sein Nachfolger, der M3 Ultra, soll in der zweiten Jahreshälfte 2024 kommen.

Nach Einschätzung des Analysten Neil Cybart von „Above Avalon“ steht Apple nun vor einer besonderen Herausforderung: „Einige der neuen Macs sind leistungsfähiger als das, was 95 Prozent der Apple-Anwender für ihre Arbeitsabläufe benötigen.“

Nach dem ersten iMac von 1998 führten die ab 2002 mit einem Flachbildschirm ausgestatteten iMac G4 (2002) und iMac G5 (2005) die mit dem Urahn Apple Macintosh 128K realisierte Idee des All-in-One-PCs weiter. Gleiches gilt für die von 2006 bis 2020 mit Intel- statt Motorola-CPUs und die seit 2021 mit Apple-SoCs der M-Serie gebauten iMac-Tischcomputer. (me)

Ikonisches Video von Ridley Scott zur Einführung des Apple Macintosh 1984

Erster Test im SRF Karussell (Schweizer Fernsehen)

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