GPUs für Künstliche Intelligenz „Sanktions-Chip“ A800: Nvidia hat eine GPU nur für China entwickelt

Von Henrik Bork

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Nvidia darf seine Erfolgschips A100 und H100 nicht mehr nach China liefern. Daher hat der Konzern eine kastrierte Version seiner GPU-Bausteine entwickelt, die nicht unter die US-Handelssanktionen fällt: den A800.

Sanktioniert: Nvidias Erfolgschip A100, der in etlichen Rechenzentren massivparallele Berechnungen für Künstliche Intelligenz übernimmt, darf seit Oktober nicht mehr nach China geliefert werden. Der neue A800 soll die Beschränkungen umgehen.
Sanktioniert: Nvidias Erfolgschip A100, der in etlichen Rechenzentren massivparallele Berechnungen für Künstliche Intelligenz übernimmt, darf seit Oktober nicht mehr nach China geliefert werden. Der neue A800 soll die Beschränkungen umgehen.
(Bild: Nvidia)

In China hat der Verkauf des ersten GPU-Chips begonnen, den Nvidia speziell zur Umgehung der US-Sanktionen entwickelt hat. Der „A800“ sei zwar „bei einigen Datenübertragungsraten kastriert“, kommentiert das chinesische Wirtschaftsmagazin Caixin, werde jedoch wohl für die meisten Anwendungen seinen Zweck erfüllen.

Der US-Hersteller Nvidia hatte am im November gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters bestätigt, dass der neue Chip als „alternatives Produkt” für die „Graphic Processing Unit“ (GPU) A100 besonders für Kunden in China entwickelt worden sei. „Der A800 erfüllt die Anforderungen des Klartests zur Kontrolle von Export-Reduzierungen und kann nicht programmiert werden, um diese zu übertreffen,“ zitierte Reuters einen Firmensprecher von Nvidia.

Verschärfte US-Ausfuhrauflagen seit Oktober

Anfang Oktober hatte die US-Regierung ihre Ausfuhrboykotte für fortgeschrittene Halbleiter nach China verschärft. Der A100 von Nvidia, eine vor allem in chinesischen Datenzentren beliebte GPU, war dabei mit auf die schwarze Liste gesetzt worden. Auch der H100 von Nvidia, ein noch leistungsstärkerer Chip für Datenzentren und Künstliche-Intelligenz-Workloads (KI), darf nicht mehr in die Volksrepublik verkauft werden.

Washington versucht, mit den Halbleitersanktionen chinesische Fortschritte in den Bereich der KI, der Entwicklung von Supercomputern und anderen fortgeschrittenen Anwendungen wie etwa der Biotechnologie zu bremsen. Das Land begründet dies mit möglichen militärischen Anwendungen der Technologien und einer möglichen Gefährdung der nationalen Sicherheit der USA. Kritiker sprechen dagegen von Protektionismus und dem Versuch, Chinas wirtschaftlichen Aufschwung zu torpedieren.

Boykotte drücken Nvidias Umsätze

Nvidia hatte erklärt, dass es durch die Sanktionen allein im dritten Quartal dieses Jahres 400 Millionen US-Dollar an potenziellen Verkäufen auf dem chinesischen Markt verlieren könnte. Die Entwicklung des A800 ist nun der Versuch, sich den Sanktionen des „Büros für Industrie und Sicherheit“ des US-Handelsministeriums zu beugen, gleichzeitig aber den für Nvidia wichtigen chinesischen Markt nicht zu verlieren.

Nvidia hat die genauen Spezifikationen seines A800-„Sanktionschips“ noch nicht veröffentlicht. Auf der Webseite des Großhändlers OmniSky stehe jedoch, dass der Chip eine Datentransfer-Rate von 400 GByte/s habe, berichtet Caixin. Dies sei ein Drittel der Geschwindigkeit des A100. Die neuen US-Sanktionen verbieten den Export von Chips mit 600 Gigabytes pro Sekunde oder mehr.

Neu verpackte A100-GPU mit gedrosselter Datenrate

Abgesehen von der Datenübertragungsrate scheine der A800 eine „neu verpackte Version des A100-GPU“ zu sein, diesem also sehr ähnlich, sagte ein Analyst in einer ersten Stellungnahme gegenüber Reuters. Seine reduzierte Geschwindigkeit werde die Effektivität chinesischer Datenzentren aber vermutlich nicht bremsen, da anstelle von einem A100 mehrere A800 eingesetzt werden könnten, hieß es ergänzend in chinesischen Kommentaren.

Zu den chinesischen Kunden von Nvidia für die nun gebannten Chips A100 und H100 zählen Anbieter von Cloud-Dienstleitungen wie Alibaba, Tencent und Baidu, aber auch Systemhersteller wie H3C, Inspur oder Lenovo. Für Nvidia waren die beiden Chips weltweit, aber besonders in China ein Verkaufsschlager.

China ist wichtiger Markt für Nvidia

Im Fiskaljahr 2022, das am 30. Januar dieses Jahres zu Ende ging, hatte Nvidia etwas mehr als sieben Milliarden US-Dollar oder 26,42 Prozent seines gesamten Nettogewinns in China erwirtschaftet. Trotz der US-Sanktionen sehe er dort auch weiterhin gute Wachstumschancen, hatte Nvidia-CEO Jensen Huang kürzlich in einem Interview gesagt.

Der in Taiwan geborene, aber in den USA ausgebildete Huang hatte Nvidia mit einigen Freunden 1993 in einem „Denny´s”-Fastfood-Restaurant in San Jose gegründet. Ursprünglich hatten sie ihre GPU an die Hersteller von Video- und Computerspielen verkauft. Schon wenig später wurde aber auch klar, dass deren parallele Rechenleistung auch für die Künstliche Intelligenz hervorragend geeignet ist.

Nvidia-GPUs: Zentrale Rolle im „Chip War“

Besonders bei der Künstlichen Intelligenz fühlt sich Washington nun aber von China bedroht – militärisch wie wirtschaftlich. Die Chips von Nvidia spielen in dem nun mit Hilfe von US-Sanktionen begonnenen „Chip War” also eine zentrale Rolle.

Im vierten Quartal 2021 hatte Nvidia einen globalen Marktanteil von 81 Prozent bei GPUs für PCs. Die restlichen 19 Prozent gingen auf das Konto von AMD. Die beiden amerikanischen Hersteller haben also de facto ein Oligopol – ein Monopol zu zweit.

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Können chinesische Hersteller Nvidia & Co bald ersetzen?

Chinesische Hersteller sind gleichzeitig dabei, ihren technischen Rückstand gegenüber den beiden Unternehmen schnell zu verringern. Der im August dieses Jahres vorgestellte GPU-Chip „BR100“ des chinesischen Herstellers Biren Technology ist seinen veröffentlichten Spezifikationen zufolge „dem A100 von Nvidia in seiner Rechenleistung bereits vergleichbar“, berichtet die South China Morning Post.

Hygon, ein weiterer Fabrikant in der Volksrepublik, hat kürzlich begonnen, seinen Chip „Hygon 8100” in kleinen Serien zu produzieren. Auch der Chip „Siyuan 290“ von Cambrian, eine börsennotierten Halbleiter-Produzenten au China, basiert schon genau wie der A100 von Nvidia auf 7-Nanometer-Technologie und ist für KI-Trainingsaufgaben geeignet. Es sei nur noch eine Frage der Zeit, bis chinesische Chiphersteller Nvidia und andere US-Unternehmen ersetzen könnten, sagen mehrere chinesische Analysten.

Es wird nun eine neue Welle von Investitionen in Hersteller von GPU-Chips in China erwartet. Es gebe dank der Sanktionen aus Washington derzeit „gute Substitutions-Möglichkeiten für chinesische GPU-Hersteller”, zitierte die chinesische Finanzzeitung Zhengquan. Ribao den Analysten Wang Pan von Xiangcai Securities. Mit anderen Worten: Das Geschäft, das Nvidia durch die US-Sanktionen verloren geht, könnte schon bald von chinesischen Chipfabrikanten übernommen werden. (me)

* Henrik Bork ist Analyst bei Asia Waypoint, einem auf den asiatischen Markt fokussierten Beratungsunternehmen in Peking.

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