Steckverbinder für Leistungsübertragung Steckverbinder bis an die Grenzen treiben

Von Irmgard Nille* 5 min Lesedauer

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In vielen Bereichen der Industrie werden die Anwendungen immer kleiner, bei gleichzeitig steigender Leistungsdichte. Diesen Trend müssen auch Steckverbinder mitmachen. Hier kommen der digitale Zwilling und Simulationsverfahren zum Tragen.

Miniatursteckverbinder für die Leistungsversorgung: Die Reihe EPIC kommt mit einem durchdachten Konzept
Miniatursteckverbinder für die Leistungsversorgung: Die Reihe EPIC kommt mit einem durchdachten Konzept
(Bild: Lapp)

Vor allem in der Automatisierungstechnik ist nicht nur die störungsfreie Übertragung von Daten ein sensibles Thema, sondern auch die sichere Stromversorgung der einzelnen Komponenten. PROFINET setzt auf den standardisierten M12-L-Steckverbinder. Die M12-Steckverbinder EPIC POWER von Lapp sind die konsequente Antwort auf diese Marktanforderung. Nach der L-Version hat der Weltmarktführer für integrierte Lösungen im Bereich der Kabel- und Verbindungstechnologie nun den M12-Rundsteckverbinder EPIC-POWER-K auf den Markt gebracht und komplettiert damit das Portfolio der Miniatur-Leistungssteckverbinder.

Der M12 K für Leiterquerschnitte von 0,75 bis 2,5 mm2 eignet sich vor allem zum Anschluss von Drehstrommotoren bis 7,5 kW oder auch zum elektrischen Anschluss von Geräten und Maschinen in verschiedenen Anwendungen. Zudem garantiert er eine gute elektromagnetische Verträglichkeit und hält auch hohen Umwelt- und mechanischen Belastungen stand.

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Der Mini-Leistungssteckverbinder eignet sich für Energieübertragung bis 630 V/12 A. Die mechanische K-Kodierung des Steckgesichts verhindert Fehlstecken. Im gesteckten Zustand wird die Schutzart IP 65, IP 67 und IP 69 erreicht.

Der M12 K ergänzt die M12-L-Steckverbinder, die für die Energieübertragung bis 60 V/16 A entwickelt wurden. Der Einsatz bei E/A-Modulen für PROFINET ist ein wichtiges Anwendungsfeld für den M12 L. Bis dato waren 7/8-Zoll-Steckverbinder die Standardschnittstelle für die Sensor/Aktor-Verteiler.

Der Wechsel vom alten Standard hin zu M12 L ermöglicht in der Größe um mehr als 50 Prozent reduzierte Boxen. Die PNO hat für alle PROFINET-Anwendungen den M12-L-kodiert als Schnittstelle zur Stromversorgung definiert. Für PROFINET-Geräte wie intelligente Motoren oder eben E/A-Module ist dies der gesetzte Standard.

Die elektrischen Eigenschaften der Steckverbinder der beiden Serien M12 K bis zu 630 V/12 A und M12 L bis zu 60 V/16 A wurden schon in der Entwicklung anhand von virtuellen Modellen simuliert. Die Grenze der Leistungsübertragung bei immer kleiner werdenden Steckern wurde so zuerst virtuell bewertet und anschließend in erste Prototypen und in die Serie überführt.

„Die bisherigen M12 Steckverbinder wurden schon sehr nahe an der Grenze des Machbaren entwickelt. Jetzt haben wir noch einmal alle Stellschrauben überprüft und das Optimum daraus gezogen. Ohne eine virtuelle Konstruktion wäre das kaum möglich gewesen,“ unterstreicht Steffen Schneider, Produktmanager bei Lapp. Deutlich geringere Baugrößen und verbesserte Leistungsübertragung sind das Ergebnis.

Leitkongress zu Trends und Einsatz moderner Steckverbinder

Anwenderkongress Steckverbinder in Würzburg

Anwenderkongress Steckverbinder
(Bild: VCG)

Der Anwenderkongress Steckverbinder beleuchtet praxisorientiert technische Aspekte beim Design und Einsatz moderner Steckverbinder. In Praxis-Workshops vermitteln hochkarätige Experten elektrotechnische Grundlagen, spezifisches Knowhow und helfen bei der Auswahl des richtigen Steckverbinders.

Der Kongress ist eine in Europa einzigartige Veranstaltung, die sich den Themen rund um das Steckverbinder-Design, Design-in, Werkstoffe, Qualifizierung und Einsatz von Steckverbindern widmet.

Der digitale Weg zu neuen Innovationen

Früher waren Entwicklungsprozesse viel aufwändiger. Es wurde basierend auf Erfahrungswerten konstruiert und im Anschluss ein Muster gebaut. Dann wurde der Prototyp im Labor getestet und nicht selten stellte man fest, dass noch technische Veränderungen vorgenommen werden müssen. Dieser Prozess wurde oft mehrfach durchlaufen, bis man zum gewünschten Ergebnis gelangt war.

Heute wird Geschwindigkeit bei Innovationen immer wichtiger. Je mehr digital am Produkt abgeprüft werden kann, desto schneller sind die Entwicklungszyklen. Physische Muster werden additiv gefertigt, um Haptik, Optik, Handling sowie Assemblierung in der Produktion und beim Kunden zu verifizieren. Da Steckverbinder heute weitestgehend vorausgedacht und -berechnet werden, kommen Konstrukteure zielgerichtet zur technisch besten Lösung.

Die Entwicklung eines Steckverbinders

In Stuttgart nutzt man verschiedene Simulationsverfahren, um dies zu erreichen:

1. FEM-Simulation: Die Finite-Elemente-Methode (FEM) ist ein allgemeines, bei unterschiedlichen physikalischen Aufgabenstellungen angewendetes numerisches Verfahren. Bei dieser Simulationsmethode werden kleine Bereiche eines Bauteils oder eines Berechnungsgebietes – die finiten Elemente – zugrunde gelegt, um das physikalische Verhalten des Bauteils vorherzusagen.

2. Thermosimulation: Beim M12 L stellt die geforderte Stromstärke von 16 A durch den beengten Bauraum eine extreme Herausforderung an den Steckverbinder dar. Wenn derartige Stromstärken über kleinste Kontakt­flächen übertragen wird, entsteht Wärme, die im Steckverbinder abgeleitet werden muss. Darum werden diese Parameter bei Neuentwicklungen simuliert, um eine sichere Auslegung zu gewährleisten.

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So stellen die Ingenieure in Stuttgart sicher, dass die Produkte zuverlässig über die komplette Lebensdauer funktionieren. Auf diese Weise ist es möglich, die absoluten Grenzbereiche sicher zu beherrschen und die maximale Leistungsdichte im kleinstmöglichen Steckverbindergehäuse unterzubringen.

3. 3D-Druck für erste Handling-Muster: Wenn alle Berechnungen und Simulationen abgeschlossen und in die Konstruktion eingeflossen sind, erstellen die Ingenieure ein erstes 3D-gedrucktes Muster des Steckverbinders.

Dabei handelt es sich um ein reales Modell, an dem Ergonomie, Bauraum und Design beurteilt werden können. Damit ist die Konstruktion vorläufig abgeschlossen und es beginnt die Werkzeugkonstruktion, um die Serienwerkzeuge zur Serienproduktion zu planen und umzusetzen.

4. Füllsimulationen – Moldflow: Der fertig konstruierte Steckverbinder muss neben seiner Funktion auch noch so aufgebaut sein, dass er prozesssicher herstellbar ist. Die Füllsimulation gibt Aufschluss über die Gestaltung der Werkzeuge für die Spritzgussteile und zeigt ebenfalls Optimierungen an, die gegebenenfalls am Produkt vorgenommen werden müssen.

Ziel ist es, das Werkzeug im Vorfeld zu simulieren, um die Auslegung zu perfektionieren.

Digitaler Zwilling Steckverbinder

Der digitale Zwilling eines Steckverbinders erhält deutlich mehr Informationen zum Produkt, als es bei einem Prototypen möglich ist. Mithilfe von KI-Algorithmen werden so beim Steckverbinder eine Zustandsanzeige bis zur vorausschauenden Wartung möglich.

Mit der Arbeit am digitalen Zwilling kann man heute genau ausloten, wo die maximalen Grenzen beispielsweise bei der Temperaturverteilung, dem Kontaktwiderstand und der Strombelastung liegen und überall das Optimum herausholen. Die Entwicklungsprozesse verkürzen sich dadurch und werden ressourcenschonender und preisgünstiger.

Design-In-Prozess beim Kunden

Auch die Kunden nutzen heute vermehrt digitale Portale, um ihre Maschinen, Anlagen oder Werkzeuge zu konstruieren. Zur Auswahl der geeigneten Steckverbinder werden immer öfter spezielle Engineering-Softwaretools wie
ZUKEN und EPLAN genutzt, in denen mehr und mehr Hersteller gelistet sind. Auf diesen Plattformen bekommt der Kunde alle Informationen zum Produkt inklusive der digitalen 3-D Modelle – also den digitalen Zwilling zum eigentlichen Produkt. Die Erfahrung zeigt, dass die Kunden fast nur noch Interesse am digitalen Zwilling haben und immer seltener nach physikalischen Mustern fragen. Das zeigt die Veränderung weg vom Produkt hin zu digitaler Information, weil diese direkt digital weiterverarbeitet werden kann.

Der Digitale Zwilling enthält deutlich mehr Informationen zum Produkt, als das bei einem Produktmuster je möglich wäre. Diese gesammelten Informationen entstehen bei der Entwicklung und werden dann zum Design-In, das über den gesamten Lebenszyklus bis hin zum Recycling genutzt wird. Somit ist der Digitale Zwilling die Basis für KI-Anwendungen. Diese könnten beim Steckverbinder eine Zustandsanzeige bis hin zur vorausschauenden Wartung möglich machen.

Es ist bereits heute Realität, dass Produkte entstehen und weiterverarbeitet werden, die überhaupt noch nicht physisch erstellt wurden. Es ist außerdem absehbar, dass diese digitalen Komponenten und Systeme miteinander kommunizieren und sich gegenseitig weiterentwickeln. Der Steckverbinder ist aufgrund seines Einsatzortes und der baulichen Voraussetzung eine ideale Komponente, die mit mehr Intelligenz ausgestattet, zusätzliche Funktionen übernehmen kann. (kr)

* Irmgard Nille ist freie Journalistin im Auftrag von Lapp.

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