Der Weg zur Zuse Z3 Konrad Zuse: Der Vater des modernen Computers

Von Antonio Funes 8 min Lesedauer

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Konrad Zuse trug entscheidend zur Entwicklung der Computertechnik bei und setzte Standards, die die Grundlage für moderne Computer legten. Die volle Wirkung seiner Beiträge wurde erst später anerkannt - das Leben und Schaffen von Konrad Zuse im historischen Seitenblick.

Das Original der Z1 wurde bei Bombenangriffen auf Berlin im Zweiten Weltkrieg zerstört. Diese Rekonstruktion von 1989 wird der Gruppe von Dr. Horst Zuse, dem Sohn von Dr. Konrad Zuse, gezeigt (Bildmitte). Ein Kunstwerk aus Metall.
Das Original der Z1 wurde bei Bombenangriffen auf Berlin im Zweiten Weltkrieg zerstört. Diese Rekonstruktion von 1989 wird der Gruppe von Dr. Horst Zuse, dem Sohn von Dr. Konrad Zuse, gezeigt (Bildmitte). Ein Kunstwerk aus Metall.
(Bild: Horst Zuse and Z1.jpg /Steve Parker / CC BY )

Die Erfindung des modernen Computers ruht auf vielen Schultern von Persönlichkeiten, die sich mit Elektrotechnik, Physik und Mathematik beschäftigten. Dabei war der Deutsche Konrad Zuse der erste Entwickler, der einen auch im strengeren Sinne universell programmierbaren Computer baute.

Konrad Zuse selbst sieht im Engländer Charles Babbage (1791-1871) den wahren Vater des Computers, da dieser einen programmierbaren mechanischen Apparat, die Analytical Engine entwarf, ihn allerdings nie fertigstellte. Zuse wiederum präsentierte den Computer mit dem Namen Zuse Z3 im Mai 1941 und läutete damit das moderne Computerzeitalter ein. Sein oder auch - wenn man das Wort „Rechenmaschine“ verwendet - seine Z3 war das erste Gerät, das universell frei programmierbar auf binären Gleitkommarechnungen arbeitete und gilt somit als der erste Computer im engeren Sinne.

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Zuses Kindheit und Studium

Konrad Zuse wurde 1910 im mittlerweile zu Berlin gehörenden Wilmersdorf als Konrad Ernst Otto Zuse geboren. Seine Kindheit verbrachte er in Braunsberg, wo sein Vater als Postbeamter arbeitete. Die Stadt gehörte damals noch zum Deutschen Reich, heißt aber mittlerweile Braniewo und befindet sich auf polnischem Staatsgebiet.

Schon früh zeigten sich Zuses Affinität zu Rechenmaschinen und sein Talent für mechanische Konstruktionszusammenhänge. Bereits mit 14 Jahren baute er eine Maschine, die nach dem Einwurf von Münzen Obst und das passende Wechselgeld herausgab. Mit 18 bekam er zudem eine Ehrenurkunde der Firma Stabil, aus deren Metallbaukasten Zuse einen Miniatur-Verladekran zusammenbaute.

Zuse ging zu dieser Zeit in Hoyerswerda auf das heutige Lessing-Gymnasium und erlangte im Jahr 1928 das Abitur, um dann an der heutigen Technischen Universität Berlin Maschinenbau zu studieren. Er wechselte schlussendlich zum Studiengang Bauingenieurwesen, beschäftigte sich in seiner Freizeit zudem mit Technik und Kunst.

Studium und die mechanische Z1

Nachdem Zuse 1935 sein Diplom als Bauingenieur erlangt hatte, arbeitete er kurze Zeit beim Flugzeugproduzenten Henschel im Bereich der Statik, richtete sich aber schon bald eine eigene Werkstatt im Haus seiner Eltern ein, um selbständig an Erfindungen zu arbeiten. Dabei legte Zuse seinen Schwerpunkt auf Rechenmaschinen und entwickelte den Vorläufer der Z3, die Z1. Letztere Rechenmaschine funktionierte rein mechanisch und war zwar bereits programmierbar, aber nicht uneingeschränkt und universell.

Die Z1 stellte Zuse im Jahr 1937 fertig – das mechanische Rechenwerk der Z1 basierte auf dem Binärsystem, wobei Metallstifte zwei Positionen für 0 und 1 einnehmen konnte. Die Z1 hatte mechanische Werke für Ein- und Ausgabe, Rechen- und Programmaufgaben sowie für das Speichern von Daten. Die Programme beziehungsweise Aufgaben wurden mit gelochten Filmstreifen eingegeben. Die Z1 konstruierte Konrad Zuse im Wohnzimmer seiner Eltern und er wurde beim Zusammenbau von seiner Familie und Freunden unterstützt – man könnte beinahe von einer Art Hobby-Projekt sprechen.

Dabei schaffte es Zuse mit seiner positiven und überzeugenden Art, auch an finanzielle Mittel zu kommen, unter anderem vom Fabrikanten für Rechenmaschinen Kurt Pannke, der sich zwar keinen Erfolg aus den Plänen zur Z1 versprach, aber offenbar trotzdem sehen wollte, zu was Zuse in der Lage war.

Das Original der Z1 wurde im zweiten Weltkrieg durch Bombardements zerstört. Nachdem Konrad Zuse schon längst Weltruhm erlangt hatte, baute er zwischen 1986 und 1989 für das heutige Deutsche Technikmuseum Berlin eine Z1 nach. Der Nachbau zeigt dabei dieselben Probleme wie die originale Z1: Die vielen mechanischen Kleinbauteile neigten dazu, sich häufig zu verhaken.

Z3-Entwicklung während der Kriegswirren

Wegen der sich verhakenden mechanischen Bauteile ging Zuse für die Entwicklung der Z3 dazu über, für die binären Information 0 oder 1 elektromagnetische Relais zu verwenden. Wie wegweisend die Z3 (beziehungsweise der Z3-Computer) war, erkannte man damals allerdings bei der Präsentation im Jahr 1941 noch nicht. Nicht zuletzt wegen des laufenden Zweiten Weltkrieges fand der Computer nur bei einigen wenigen Wissenschaftlern Beachtung.

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Die Z3 hatte 2.000 Relais, von denen 1.400 den 200 Byte (64 Worte mit je 22 Bit) großen Speicher darstellten. Für eine Multiplikation oder Division benötigte die Z3 etwa drei Sekunden, die Taktrate lag bei gut 5 Hertz und ergab sich durch die Umdrehungen pro Sekunde einer elektrisch angetriebenen Walze.

Mit diesen technischen Eigenschaften war die Z3 damals für die Industrie oder den Staat eher uninteressant, und auch die Presse berichtet nicht über die Z3 – die Z3 zu vermarkten, war daher damals aussichtslos. Durch seine Verbindungen zum Flugzeughersteller Henschel wurde Zuse schließlich fest bei Henschel angestellt und half mit Rechenmaschinen dabei, Flügelvermessungen für Bomben durchzuführen.

Zuse selbst zeigte sich rund um das Militär sowie das Regime im Nachhinein eher unpolitisch und war nie Mitglied der NSDAP; zweimal wurde er während des Zweiten Weltkriegs einberufen, nahm allerdings an keinen Kriegshandlungen teil. Sinngemäß kann man Aussagen von ihm so interpretieren, dass man sich seiner Meinung nach als Erfinder, selbst wenn man ein ungutes Gefühl dabei hat, manchmal selbst mit dem Militär einlassen muss, um seine Ideen und Ideale langfristig durchsetzen zu können.

Oder als Zitat: „Nur zu oft ist der Erfinder der faustische Idealist, der die Welt verbessern möchte, aber an den harten Realitäten scheitert. Will er seine Ideen durchsetzen, muß er sich mit Mächten einlassen, deren Realitätssinn schärfer und ausgeprägter ist. In der heutigen Zeit sind solche Mächte, ohne daß ich damit ein Werturteil aussprechen möchte, vornehmlich Militärs und Manager. […] Nach meiner Erfahrung sind die Chancen des Einzelnen, sich gegen solches Paktieren zu wehren, gering.“

Die Zuse KG und Zuses Zeit als Unternehmer

Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs flüchtete der mittlerweile verheiratete Zuse mit einer Gruppe rund um den Wissenschaftler Wernher von Braun aus Berlin ins Allgäu. Davor konnte er die noch nicht fertiggestellte Rechenmaschine Z4 durch eine Änderung des Namens in V4, durch den die Maschine für Außenstehende für eines der V-Projekte (V steht für Vernichtungswaffe) gehalten wurde, von Berlin nach Göttingen schaffen, wo ihre Entwicklung dann auch beendet wurde.

Die auseinandergebaute Z4 konnte von Göttingen nach Hopferau nahe Füssen im Allgäu transportiert werden, wo Zuse sie nach Kriegsende wieder aufbaute und damit auf das Interesse von Firmen stieß, unter anderem IBM. Den Zuschlag erhielt schließlich die Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, die die Z4 mietete und von 1950 bis 1955 nutzte. Durch die bereits sicheren Gelder konnte Konrad Zuse bereits im Jahr 1949 die Zuse KG gründen, mit der er begann, für Institutionen aus den Bereichen Verwaltung, Wissenschaft und Unternehmen Rechenanlagen zu bauen. Die im hessischen Neukirchen ansässige Zuse KG produzierte dabei weiterhin Computer, deren Name stets aus einem Z sowie einer Nummer bestand.

Das Folgemodell der Z4 war die Z5 und kam bei Leitz, die unter anderem die Leica-Kameras herstellten, bei der Entwicklung von Objektiven zum Einsatz. Im Jahr 1955 konnte die Zuse KG ihren ersten auf Röhrentechnik basierenden Computer auf den Markt bringen, wobei die Daten magnetisch gespeichert wurden. Nachdem die Firma von Konrad Zuse mehr als 250 Computer produziert hatte, geriet sie allerdings in finanzielle Probleme, da die Vorfinanzierung der teuren Geräte zu kostspielig wurde. Banken durchschauten den Bereich der Computertechnik noch nicht und verlangten enorm hohe Zinsen.

Konrad Zuse zog sich daraufhin im Jahr 1964 aus der Zuse KG zurück, die drei Jahre später von Siemens übernommen wurde. Vor Zuses Ausstieg, nämlich im Jahr 1963, stellte die Zuse KG aber noch einen funktionierenden Nachbau der Z3 her, da das Original 1943 im Zweiten Weltkrieg zerstört worden war. Der Nachbau steht heute im Deutschen Museum München.

Ein ruhiger Lebensabend und viele Ehrungen

Nachdem Konrad Zuse nicht mehr Anteilseigner der Zuse KG war, zog er sich Ende der 1960er-Jahre aus der Computerentwicklung zurück und widmete sich vor allem seinem Hobby, der Malerei. Ein Portrait von Bill Gates, das Zuse malte, hängte der Microsoft-Gründer in seinem Büro auf – dies zeigt, welchen Stellenwert Zuses Lebenswerk auch in den USA erlangt hatte, wo es ausländische Erfinder und Entwickler traditionell vergleichsweise schwer haben, anerkannt zu werden. Gewürdigt wurden Zuses Arbeiten relativ spät, da selbst die Fachwelt erst einige Jahre nach der Entwicklung der Z3 langsam begriff, welche Pionierarbeit Konrad Zuse geleistet hatte.

Zuse erhielt unter anderem im Jahr 1973 das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland und im Jahr 1980 den mit 60.000 DM dotierten Preis der Aachener und Münchener für Technik und angewandte Naturwissenschaften. Das 1984 gegründete Forschungsinstitut für Informationstechnik in Berlin bekam den Namen Konrad-Zuse-Zentrum, zudem verleiht die Gesellschaft für Informatik im Zweijahres-Rhythmus die Konrad-Zuse-Medaille. Zuse selbst ist das erste Ehrenmitglied der Gesellschaft für Informatik.

Nach dem Tod von Konrad Zuse, der am 18. Dezember 1995 in Hünfeld nahe Fulda verstarb, gab es weitere zahlreiche Ehrungen. Darunter sind 1999 eine Auszeichnung des Computer Museum History Center in Mountain View (Santa Clara, Kalifornien), nach Zuse benannte Schulen in Hünfeld, Berlin und Hoyerswerda oder auch ein Anbau für Informatik an der Technischen Universität Ilmenau (Thüringen), der Zusebau benannt wurde. Anlässlich des 100. Geburtstages von Konrad Zuse gab es zahlreiche Ausstellungen, unter anderem in Museen in Berlin, Paderborn, München und weiteren Städten, und die Deutsche Post brachte eine Sonderbriefmarke mit einem Abbild von Zuse und seinem Geburts- sowie Todesjahr in den Handel.

In Hünfeld, wo Zuse die letzten Jahre seines Lebens verbrachte und auch begraben wurde, sind unter anderem ein Museum, ein Platz, der Bahnhof und ein Hotel nach Zuse benannt. In vielen Städten sind zudem mehrere Computer der Z-Reihen zu bestaunen, unter anderem im Berliner Deutschen Technikmuseum, der Kieler Fachhochschule, im Hünfelder Konrad-Zuse-Museum sowie in Hoyerswerda. Kurios mutet die Tatsache an, dass ausgerechnet der Pionier der modernen Computer privat nie einen Personal Computer besessen haben soll – Konrad Zuse war also ein visionärer und begabter Techniker, der seine Ideen für das Computerwesen offenbar vor allem für die Umsetzung größerer Projekte erdacht hatte.

Quellen

  • Zuses Z3 einfach erklärt - Chip.de

Update 6.12.2023: Korrektur: Das Abitur machte Konrad Zuse in Hoyerswerda.

 (sb)

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