Neuer alter FPGA-Player Alteras Wiedergeburt: Das wird aus Intels Programmable Solutions Group

Von Michael Eckstein 5 min Lesedauer

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Kluger Schachzug: Intel benennt sein neues, durch die Ausgliederung der „Programmable Solutions Group“ (PSG) entstandenes Tochterunternehmen nach dem 2015 übernommenen FPGA-Anbieter Altera. Daran haben viele Kunden und Entwickler gute Erinnerungen.

Aus alt mach neu: Intel reaktiviert die in der FPGA-Branche bekannte Marke Altera als Name für seine nun ausgegründete „Programmable Solutions Group“.
Aus alt mach neu: Intel reaktiviert die in der FPGA-Branche bekannte Marke Altera als Name für seine nun ausgegründete „Programmable Solutions Group“.
(Bild: Intel Corporation)

In der Branche war Altera nie wirklich weg. Dabei hatte Intel das FPGA-Schwergewicht 2015 für satte 16,7 Milliarden US-Dollar übernommen und anschließend das getan, was Konzerne nach der Übernahme einer Firma in der Regel tun: Sie stampfen den Namen des gekauften Unternehmens ein, ersetzen ihn in den Produktbezeichnungen durch ihren eigenen. So geschehen bei den Produktserien Stratix, Agilex, Arria, Cyclone und MAX sowie der Entwicklungssoftware Quartus.

Das Vorgehen lässt sich derzeit gut an der Akquisition von Xilinx durch AMD verfolgen: Der Name Xilinx rückt mehr und mehr in den Hintergrund, ist bei den meisten Produktbezeichnungen bereits verschwunden.

Gewohnheiten wird man nur schwer los – also sollte man sie nutzen

Doch mit Gewohnheiten – Altera wurde bereits 1983 gegründet – ist das so eine Sache: Im täglichen Sprachgebrauch vieler Entwickler, Kunden – und auch Intel- oder Ex-Altera-Mitarbeiter – blieb der Markenname Altera präsent. Das macht sich Intel nun zunutze: Die frisch ausgegliederte, auf FPGA-Lösungen spezialisierte Programmable Solutions Group (PSG) heißt – genau – Altera. Das ist ohne Zweifel ein kluger Schachzug.

Das neue Altera soll laut Sandra Rivera, CEO von Altera, schnell und autonom wie ein Startup im Markt agieren können, gleichzeitig hat es jedoch die starke Mutter Intel im Rücken. Damit will Intel Agilität einerseits und Verlässlichkeit, Kontinuität andererseits vereinen, wie Rivera betont. Sie hatte zuvor die Abteilung Data Center and AI (DCAI) bei Intel geleitet. Zur Seite steht ihr Shannon Poulin als Alteras Chief Operating Officer. Poulin hatte zuvor jahrzehntelang viele Funktionen innerhalb der Xeon-Server-CPU-Organisation von Intel inne.

Interessant: Als eigenständiges Tochterunternehmen ist Altera nicht an Intel Foundry als Auftragsfertiger für seine Produkte gebunden. Derzeit produziert die Intel-eigene Fertigungstochter zum Beispiel die FPGAs der Agilex-9-Serie in Intel-7-Technik. Zukünftig könnte hier also auch TSMC ins Spiel kommen, der weltweit größte Chipauftragsfertiger. Wobei Intel Foundry sicher die erste Adresse als Chiphersteller für Altera sein wird.

Künstliche Intelligenz überall

Altera agiert in einem lukrativen Wachstumsmarkt: 2021 knackten die Umsätze für den „Total Addressable Market“ (TAM) erstmals die Marke von 6 Milliarden US-Dollar, 2023 lagen sie bereits bei rund 9 Milliarden – und werden bis 2028 auf voraussichtlich 13 bis 14 Milliarden US-Dollar zunehmen, wenn man Marktauguren wie Global Markets Insights (GM Insights) und Erhebungen von Intel Glauben schenkt.

Vielleicht auch deutlich mehr, wenn die Nutzung von KI weiterhin stark zunimmt. Denn das Marktwachstum ist laut GM Insights unter anderem auf den zunehmenden Einsatz von Technologien für künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen (ML) für Edge-Computing-Anwendungen in Rechenzentren zurückzuführen – einem der Hauptanwendungsgebiete für die schnellen FPGAs.

Laut Rivera sehen einige Analysten hier Potenzial für weitere etwa 3 Milliarden US-Dollar allein im Jahr 2028. Konkret sagt die Chefin: „Wir wissen, dass KI Rückenwind für diese Marktchance ist. Ein Analyst prognostiziert, dass bis 2028 ein zusätzlicher TAM von 3 Milliarden Dollar für FPGA-basierte Lösungen zur Verfügung stehen wird.“ Persönlich halte sie diese Einschätzung für eher konservativ, „wenn man das Innovationstempo und das Wachstum im Bereich des beschleunigten Computings bedenkt, für das FPGAs natürlich ideal geeignet sind“. Sicher sei, dass KI auch für FPGAs „immer mehr Möglichkeiten schaffen wird“.

Gebremstes Wachstum des FPGA-Marktes

Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass das Marktwachstum über die nächsten Jahre abflauen wird – darauf lassen die gezeigten prognostizierten Zahlen schließen. Denn bereits bei einem angenommenen linearen Wachstum müssten der TAM 2028 deutlich größer sein als die angegeben 13 Milliarden US-Dollar. Altera soll also in einem Markt Anteile gewinnen, der offenbar einer gewissen Sättigung unterliegt.

Dabei muss das Unternehmen gegen etablierte Wettbewerber bestehen, allen voran Marktführer AMD/Xilinx mit seinem sehr starken FPGA-Portfolio. Im Lowrange-Segment hat sich Lattice Semiconductor eine gute Position erarbeitet. Microchip ist bei Spezialanwendungen etwa für die Luft- und Raumfahrt stark. Und auch Achronix hat sich mittlerweile als fester Player etabliert.

Neue FPGA-Modelle mit integrierten KI-Prozessoren

KI ist wie beschrieben auch für Altera das große Thema. Im Webcast zur Vorstellung von Altera als neuem Unternehmen warb Rivera mit sogenannten „AI infused“-Fabrics seiner FPGAs, also programmierbaren Bausteinen mit integrierten KI-Verarbeitungsblöcken. Als erstes Modell ist die neuen Agilex-5-Serie mit dieser Technologie ausgestattet, Modelle anderer Serien sollen folgen. Sie werden in direkte Konkurrenz mit Produkten des Marktführers AMD/Xilinx treten.

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Laut Rivera sind einige der neuen Agilex-Modelle, etwa die Hochleistungs-FPGAs der Agilex-9-Reihe, bereits in der Serienproduktion, teilweise beliefert Altera Kunden bereits mit Testmustern. Die Agilex-9-Bausteine zielen mit den „branchenweit schnellsten Konvertern“ auf Highend-Anwendungen wie Beschleunigungskarten für Server und Switches in Rechenzentren, sie kommen aber auch in anderen Produkten wie Schaltungssimulatoren und Radar zum Einsatz – also Anwendungen, die Mixed-Signal-FPGAs mit hohen Datendurchsätze erfordern. Zudem böten sie einen integrierten Hochfrequenzpfad für die Verarbeitung von Funksignalen.

F- und I-Modelle der Agilex-7-Familie werden laut Rivera gerade für die Massenproduktion vorbereitet. Mit einer laut Altera doppelt so hohen Fabric-Leistung pro Watt im Vergleich zu konkurrierenden FPGAs sind sie auf Rechenanwendungen mit hoher Bandbreite wie Rechenzentren, Netzwerke und Verteidigung zugeschnitten. Altera könne für diese Produktlinie bereits über 300 Design-Wins vorweisen, sagt die Altera-Chefin. Weitere, besonders energieeffiziente Modelle der Serie seien in der Pipeline.

Fit für KI: „AI infused“ FPGA-Bausteine

Häufig werden in der Präsentation die FPGAs der Agilex-5-Serie genannt. Diese würden seit Ende 2023 bemustert und hätten „das umfangreichste Early-Access-Programm in der Geschichte von Altera“ gehabt – mit Hunderten von Kunden. Voraussichtlich im April dieses Jahres steht die offizielle Einführung der Serie an. Laut Rivera ist die FPGA-Fabric dieser Baureihe „als branchenweit einzige Fabric von KI durchdrungen“ („AI infused“), weswegen sich die Bausteine besonders gut zum Beispiel für die Inferenzverarbeitung eignen würden. Leider blieb Rivera vage, was das genau bedeuten soll. Mit „klassenbester Leistung und 1,6-mal besserer Performance pro Watt im Vergleich zu Konkurrenzprodukten" sei der Baustein ist auf eingebettete und Edge-Anwendungen ausgerichtet.

Fehlt noch die Low-End-Familie Agilex 3: Diese zielt auf energieeffiziente und kostenoptimierte Cloud-, Kommunikations- und intelligente Edge-Anwendungen ab und soll später in diesem Jahr auf den Markt kommen.

Nach eigenen Angaben stehen passende Entwicklungsboards für die Agilex-5-FPGAs in den Startlöchern, konkret das AX-E5 „Eagle“. Diese sollen die Entwicklung eigener Designs bereits in frühen Phasen erleichtern, so dass Anwender ihre Projekte schnell zur Serienreif bringen können. (me)

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