Neue Märkte abseits von PCs und Servern Übernahme perfekt: Das plant AMD mit Xilinx

Von Michael Eckstein

Anbieter zum Thema

Durch den Kauf von Xilinx will sich AMD zum führenden Anbieter für High-Performance und adaptives Computing entwickeln. Mit dem breiten Portfolio an leistungsstarken CPUs, GPUs, FPGAs und adaptiven SoCs will das Unternehmen einen Markt von rund 135 Milliarden US-Dollar erobern – vom Cloud-Rechenzentrum bis zur Edge.

Seit 2019 liefert Xilinx ACAP-SoCs aus: Die hochintegrierte, heterogene Multi-Core-Rechenplattform „Adaptive Compute Acceleration Platform“ soll programmierbare Logiklösungen revolutionieren. Der neue Xilinx-Eigner AMD kann damit ganz neue Märkte adressieren.
Seit 2019 liefert Xilinx ACAP-SoCs aus: Die hochintegrierte, heterogene Multi-Core-Rechenplattform „Adaptive Compute Acceleration Platform“ soll programmierbare Logiklösungen revolutionieren. Der neue Xilinx-Eigner AMD kann damit ganz neue Märkte adressieren.
(Bild: Xilinx)

Es ist soweit: AMD hat den Abschluss der Übernahme des FPGA-Spezialisten Xilinx mithilfe einer reinen Aktientransaktion bekanntgegeben. Der Wert der Transaktion hat sich durch den nach oben geschnellten Kurs der Xilinx-Aktien mittlerweile auf knapp 50 Milliarden US-Dollar erhöht. Diese werden nun nicht mehr gehandelt, und der bisherige Xilinx-CEO Victor Peng tritt seine Position als Chef der neu gegründeten „Adaptive and Embedded Computing Group“ (AECG) an. Was plant AMD?

Durch die ursprünglich am 27. Oktober 2020 angekündigte Übernahme entsteht ein starker Anbieter von Prozessoren für Hochleistungscomputer, Grafikchips, FPGAs und adaptiven Computing-Lösungen. Bereits im laufenden Jahr wird die Akquisition positiv zum Jahresergebnis beitragen, ist AMD überzeugt – sowohl in Bezug auf die Non-GAAP-Margen, das Non-GAAP EPS und den freien Cashflow. Damit beschreitet AMD einen ähnlichen Weg, wie ihn Branchenprimus Intel 2015/2016 mit der Übernahme von Altera beschritten hat.

Bildergalerie
Bildergalerie mit 6 Bildern

Konkurrent Intel hat sich bereits weiterbewegt

Intel selbst richtet seine Schwerpunkte gerade neu aus und legt seinen Fokus verstärkt auf seine Foundry Services, sprich: Das Unternehmen will verstärkt zum Auftragsfertiger für externe Chipentwickler avancieren. Dafür baut Intel mit milliardenschweren Investitionen weltweit seine Fertigungskapazitäten aus, etwa in Ohio oder auch in Europa. Auch die jüngste Übernahme des israelischen Halbleiterherstellers Tower Semiconductor und der Ausbau fortschrittlicher Packaging-Verfahren in Malaysia passen in dieses Vorhaben.

Zuletzt hatte zudem Siemens Digital Industries Software (früher Siemens PLM Software) bekanntgegeben, dass das Unternehmen Gründungsmitglied der „Accelerator EDA Alliance“ von Intel Foundry Services (IFS) geworden ist. Dies ist ein Programm zum Aufbau eines Ökosystems für die Entwicklung und Herstellung von System-on-Chip (SoCs), die auf Grundlage modernster Prozesstechnologien von IFS hergestellt werden.

AMD will 135-Milliarden-Dollar-Markt erobern

„Die Übernahme von Xilinx bringt eine Reihe von Produkten, Kunden und Märkten zusammen, die sich gut ergänzen“, erklärt Dr. Lisa Su, AMD President und CEO. „Differenziertes“ geistiges Eigentum und „Weltklasse-Talente“ würden die Grundlage bilden, auf dem der „Branchenführer für High-Performance und adaptives Computing“ entstehen soll.

Xilinx würde mit seinen „branchenführenden FPGAs, adaptiven SoCs, KI-Engines und Software-Expertise“ AMD in die Lage versetzen, „das stärkste Portfolio an High-Performance- und adaptiven Computing-Lösungen in der Branche anzubieten und einen größeren Anteil an den rund 135 Milliarden US-Dollar Marktchancen in 2023 zu erobern, die wir in den Bereichen Cloud, Edge und intelligente Geräte sehen.“ Mit seinen bisherigen Lösungen konnte AMD nach eigenen Aussagen einen Markt von rund 80 Milliarden US-Dollar adressieren (Total Adressable Market, TAM).

Kombinierte AMD-Xilinx-IP-Produkte bereits ab 2023

Gegenüber Patrick Moorhead, der früher selbst bei AMD gearbeitet hat und seit einigen Jahren als Analyst unter anderem für Forbes arbeitet, hat AMDs CEO Lisa Su durchblicken lassen, dass der erste AMD-Prozessor mit integrierter, auf Künstliche Intelligenz spezialisierte Xilinx-IP bereits 2023 auf den Markt kommen soll. Demnach hatte AMD bereits vor der Übernahme IP von Xilinx lizensiert und eine langfristige Entwicklungsvereinbarung mit Xilinx abgeschlossen.

Mario Silveira, Corporate Vice President EMEA bei AMD, sieht durch die Kombination von AMD und Xilinx gar gleich einen neuen Branchenführer für High-Performance und adaptives Computing entstehen. Schließlich verfüge AMD „nun über das branchenweit breiteste Portfolio von führenden Computing-, Grafik- und adaptiven SoC-Lösungen“. Damit können man Kunden in unterschiedlichen Märkten wie Kommunikation, Automotive und Industrie besser bedienen, „die das Fundament der Wirtschaft in den EMEA-Ländern bilden“ – und auch neue Absatzmöglichkeiten öffnen.

Tatsächlich ist Xilinx gut positioniert in den Märkten kabelgebundene und drahtlose Kommunikation, Automobil, Industrie und Test- und Messtechnik, Luft- und Raumfahrt sowie Verteidigung, Mobil- und Rundfunk, die AMDs Stärken in den Märkten für PCs und Rechenzentren gut ergänzen.

Größere Reichweite für AMDs Forschung und Entwicklung

Auch fertigungsseitig sind AMD und Xilinx auf einer Linie: Beide Unternehmen haben bislang einen Großteil ihrer Chips bei TSMC fertigen lassen, so dass auch hier keine größeren Reibungsverluste durch das Umstellen auf andere Produktionsprozesse zu erwarten sein dürften.

Jetzt Newsletter abonnieren

Verpassen Sie nicht unsere besten Inhalte

Mit Klick auf „Newsletter abonnieren“ erkläre ich mich mit der Verarbeitung und Nutzung meiner Daten gemäß Einwilligungserklärung (bitte aufklappen für Details) einverstanden und akzeptiere die Nutzungsbedingungen. Weitere Informationen finde ich in unserer Datenschutzerklärung.

Aufklappen für Details zu Ihrer Einwilligung

Hinzu kommen AMDs Investitionen in die Erforschung und Entwicklung neuer Technologien, etwa neuste Die-Stacking- und Packaging-Technologie, Chiplet- und Verbindungstechnologie, Künstliche Intelligenz und domänenspezifische Architekturen und leistungsstarke Softwareplattformen.

Starbleed, Entlassungen: Xilinx hatte in den letzten Jahren auch Probleme

Abseits der Jubelmeldungen und Rekordumsätze im letzten Quartal gab es bei Xilinx auch Schattenseiten: So musste das Unternehmen im Februar 2020 einen weitreichenden Stellenabbau bekannt geben, da im Vorjahr die Umsätze deutlich eingebrochen waren. Insgesamt mussten 5.000 Mitarbeiter ihren Hut nehmen, was etwa 7 Prozent der Gesamtbelegschaft entsprach.

Und kaum zwei Monate später folgte die nächste Hiobsbotschaft in Form der Starbleed-Sicherheitslücke. Verbreitete FPGA-Modelle von Xilinx waren darüber angreifbar. Forscher der Ruhr Uni Bochum hatten einen Weg gefunden, die Bitstream-Verschlüsselung verbreiteter Xilinx-FPGAs zu knacken und die Kontrolle über die Chips zu übernehmen.

Trotzdem konnte Xilinx die FPGA-Marktführerschaft behaupten und seine „Adaptive Compute Acceleration Platform“, kurz ACAP, etablieren. Damit unterstützt Xilinx den industrieweiten Trend hin zu heterogenen Rechenplattformen, die sich anwendungsnah programmieren lassen. Zudem hat es Xilinx geschafft, zum Beispiel mithilfe seiner Vitis-Produkte auch Software-Entwicklern und KI-Experten den Weg in die bislang sehr hardwarenahe Welt der programmierbaren Logik zu ebnen. Dafür hatte das Unternehmen unter anderem im Jahr 2020 Falcon Computing Solutions und 2021 den deutschen Anbieter Silexica übernommen.

Neuer Unternehmensbereich „Adaptive and Embedded Computing Group“

Wie seinerzeit Intel gründet nun auch AMD einen eigenen Unternehmensbereich für die zugekaufte Expertise: die „Adaptive and Embedded Computing Group“. Dieser AECG wird der bisherige Xilinx-CEO Victor Peng als President vorstehen. Sie soll sich weiterhin darauf konzentrieren, die FPGA-, Adaptive SoC- und Software-Roadmaps voranzutreiben, nun aber mit der zusätzlichen Größe des kombinierten Unternehmens und der Möglichkeit, ein größeres Spektrum von Lösungen einschließlich CPUs und GPUs von AMD anzubieten. Der Name Xilinx wird wohl eher früher als später abgelöst – das hat AMD bei bisherigen Übernahmen bereits so gehalten, etwa beim Grafikspezialisten ATI.

„Die rasche Verbreitung von vernetzten Geräten und datenintensiven Anwendungen mit eingebetteter KI führen zu einer steigenden Nachfrage nach hocheffizienten und adaptiven High-Performance-Computing-Lösungen“, ist Victor Peng überzeugt. Mit vereinten Kräften und einem schlagkräftigen Portfolio an adaptiven Computing-Plattformen könnten AMD und Xilinx diese neue Ära des Computings schneller definieren.

Stärkung des Finanzmodells von AMD

AMD sieht langfristige Synergien durch die Übernahme: Diese böte mehrere verschiedene Einnahmequellen in neuen Endmärkten mit langen, margenstarken Produktzyklen und „sichere gleichzeitig das branchenführende Wachstum von AMD“.

Bei Abschluss der Transaktion erhielten die Xilinx-Aktionäre für jede Xilinx-Stammaktie 1,7234 AMD-Stammaktien, Bruchteilen von AMD-Stammaktien wurden als Bargeld ausgezahlt. Die Xilinx-Stammaktien werden nicht mehr an der NASDAQ-Börse gehandelt.

FPGA-Conference Europe

Einsatzgebiete für programmierbare Logikschaltung sind so vielfältig wie die verfügbaren Lösungen, mit denen sie sich entwickeln lassen. Ob FPGA, GPU oder Adaptive-Computing-SoC: Jede Technologie hat ihre Berechtigung – ist aber auch erklärungsbedürftig.

Die FPGA Conference Europe - als europaweit wichtigste Plattform für hersteller- und technologieunabhängigen und applikationsübergreifenden Austausch zwischen Experten und Entwicklern - gibt Embedded-Entwicklern Orientierung und praktische Hilfestellungen.

Jetzt informieren

(ID:48000739)