Weniger Verluste bei mehr Sicherheit Ideale Dioden mit MOSFETs machen Systeme robuster

Von Anthony Huynh* 8 min Lesedauer

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In Hochstromanwendungen erzeugt jeglicher Spannungsabfall an Dioden einen signifikanten Leistungsverlust. Zu einer „ideale Diode“ verschaltete MOSFETs können diese Verluste senken und zusätzliche Schutzfunktionen realisieren.

Bild 1: Schaltbild einer Standard- und einer idealen Diode (links), Realisierung einer idealen Diode mit MOSFETs in Back-to-Back-Konfiguration (rechts).
Bild 1: Schaltbild einer Standard- und einer idealen Diode (links), Realisierung einer idealen Diode mit MOSFETs in Back-to-Back-Konfiguration (rechts).
(Bild: Analog Devices)

Halbleiterdioden gehören zu den meistverwendeten Komponenten in elektronischen Schaltungen und übernehmen in vielen Anwendungen wichtige Aufgaben. Standard-Silizium-Dioden weisen in Durchgangsrichtung einen Spannungsabfall von 0,6 bis 0,7 V auf, bei Schottky-Dioden beträgt diese Vorwärtsspannung 0,3 V. Im Allgemeinen ist dieser Spannungsabfall unkritisch, in Hochstromanwendungen generiert jeder Spannungsabfall allerdings einen signifikanten Leistungsverlust. In diesen Applikationen wäre eine „ideale Diode“ mit vernachlässigbarem Spannungsabfall der perfekte Baustein. Im praktischen Einsatz kann ein MOSFET Standard-Silizium-Dioden ersetzen und überraschende Vorteile in der Applikation bringen.

Eine ideale Diode verwendet einen Leistungsschalter mit geringem On-Widerstand, üblicherweise einen MOSFET, um den Stromfluss einer Diode in nur einer Richtung nachzuahmen – aber ohne den Nachteil des verlustbehafteten Spannungsabfalls der Diode. Mit einem zusätzlichen MOSFET in „Back-to-Back“-Konfiguration und Steuerschaltungen kann diese Lösung weitere Systemsteuerfunktionen bieten, wie beispielsweise eine priorisierte Spannungsquellenauswahl, Strombegrenzung oder Einschaltstrombegrenzung. Traditionell sind diese Funktionen auf verschiedene Schaltkreise verteilt, wodurch ein vollständiger Schutz des Gesamtsystems komplex und mühsam zu realisieren ist.

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Dieser Beitrag untersucht die Schlüsseleigenschaften einer idealen Diode und betrachtet ein Anwendungsbeispiel. Er stellt eine neue Realisierung einer idealen Diode in einem einzigen IC vor, welches zusätzlich die nötigen Funktionen zum Schutz des gesamten Systems integriert.

Grundlagen der idealen Diode

Bild 1 links illustriert den grundlegenden Aufbau einer idealen Diode auf Basis eines N-Kanal-Leistungs-MOSFETs. Dieser MOSFET ist so gerichtet, dass seine immanente Body-Diode in die Stromflussrichtung der nachzubildenden Diode weist (oben). Ist VA höher als VC, kann der Strom durch die immanente Diode von links nach rechts fließen. Die Steuerschaltung schaltet den MOSFET ein, um die Vorwärtsspannung zu reduzieren, wenn der Strom in diese Richtung fließt. Um einen umgekehrten Stromfluss (von rechts nach links) zu verhindern, muss die Steuerschaltung den MOSFET immer dann schnell ausschalten, wenn VC höher als VA ist.

Eine ideale Diode besitzt einen geringen Spannungsabfall, der vom RDS(ON) des MOSFETs und der Stromstärke bestimmt wird. Ein 1-A-Verbraucher und ein 10-mΩ-MOSFET generieren einen Spannungsabfall von 1 A x 10 mΩ = 10 mV an den Anschlüssen des Bauteils. Im Vergleich dazu fallen an einer Standard-Diode typisch 600 mV ab. Die Verlustleistung einer idealen Diode beträgt 1 A² × 10 mΩ = 10 mW, deutlich weniger als die 1 A × 600 mV = 600 mW (typisch) im Fall einer Standard-Diode.

Fortschritte in der MOSFET-Technik führten zu Bausteinen mit sehr geringem RDS(ON). Mit einem zusätzlichen MOSFET in Back-to-Back-Konfiguration zum Aufbau einer idealen Diode steigt der Spannungsabfall zwar ein wenig, doch diese Maßnahme eröffnet viele zusätzliche Möglichkeiten zur Systemkontrolle. Bild 1 rechts zeigt dieses Schaltungskonzept. Der MOSFET Q1 kann den zurückfließenden Strom von VB nach VA steuern und blockieren. Der zusätzliche MOSFET Q2 steuert und blockiert den Vorwärts-Stromfluss von VA nach VB. Diese Lösung ermöglicht eine vollständige Systemkontrolle, einerseits durch Ein-/Ausschalten eines oder beider MOSFETs und zusätzlich durch Begrenzung des Stromflusses durch sie in beide Richtungen.

Ideale Diode: Anwendungsbeispiel und Schlüsselspezifikationen

Für eine ideale Diode gibt es viele Anwendungen, zum Beispiel eine Unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) in einem industriellen Backup-System (Bild 2) mit einer 24-V-Versorgung als Hauptspannungsquelle. Der Betriebsbereich der Hauptversorgung liegt zwischen 19,2 und 30 VDC, mit einer Spitzenspannung bis zu 60 V. Als Backup wird eine 24-V-Batterie verwendet. Um eine maximale Backup-Leistung sicherzustellen, ist die Batterie im Normalbetrieb immer voll auf 24 V geladen (Batterie im Standby-Modus). Fällt die Hauptstromquelle aus, liefert die Batterie die nötige Backup-Leistung und entlädt sich von 24 V auf unter 19,2 V. Der Entladezyklus hält so lange an, bis das System entweder nicht mehr betriebsfähig ist, oder die Hauptspannungsquelle wieder einschaltet, je nachdem, was früher eintritt. Hier wird die ideale Dioden-Schaltung als „ORing“-Funktion („Oder-Verknüpfung“) benötigt, um zwischen der Systemhauptversorgung und der Backup-Batterie hin und her zu schalten. Neben dieser ORing-Funktion benötigt das System auch noch Schutzfunktionen gegen Über- und Unterspannung, Hot-Swap (Wechsel im laufenden Betrieb) und eine elektronische Sicherung (eFuse), um die Robustheit des Systems gegen auftretende Systemfehler zu verbessern.

Vergleich ORing mit Eingangsquellen-Wahlschalter

Bild 3 oben links illustriert ein ORing-Konzept als Stromquelle. Der Einfachheit halber sind hier Dioden-Symbole als Platzhalter für eine ideale Dioden-Schaltung dargestellt. In dieser einfachen ORing-Konfiguration dominiert die Spannungsquelle mit der höheren Spannung und speist die Last, während die andere Stromquelle im Standby ist. Allerdings arbeitet diese Lösung nur dann effektiv, wenn die beiden Versorgungen deutlich unterschiedliche Ausgangsspannungswerte aufweisen. Liegen die beiden Spannungen jedoch nahe beieinander oder überschneiden sich die Spannungswerte aufgrund von Spannungsschwankungen, so kann der Controller permanent zwischen beiden Versorgungen hin- und herschalten. In so einem Einsatzfall eignet sich eine einfache ORing-Funktion also nicht.

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Beträgt die nominale Systemspannung ebenso wie die Batteriespannung 24 V (wie im vorliegenden Beispiel), könnte der Controller permanent zwischen beiden Quellen hin- und herschalten, was nicht wünschenswert ist. Die Effekte der Quellimpedanz und des Laststroms verstärken dieses Problem weiter. Wenn beispielsweise VS den Strom für den Verbraucher liefert, dann verursacht der Laststrom einen Spannungsabfall an der Quellim­pedanz von VS, wodurch die Ausgangsspannung an den Anschlüssen der Quelle leicht unter die Spannung der Batterieanschlüsse fällt (aktuell ohne Last). Nun wird die Batterie dazugeschaltet und liefert nun den Laststrom, der zugleich einen Spannungsabfall an der Batterieimpedanz hervorruft, mit dem Effekt, dass die Spannung an den Batterieanschlüssen abfällt. Ohne Last an der Hauptstromversorgung steigt deren Ausgangsspannung zwischenzeitlich wieder an, und dadurch übernimmt VS wieder die Versorgung. In dieser Situation hält das ständige Wechseln zwischen den beiden Spannungsversorgungen so lange an, bis die beiden Spannungen wieder auseinanderdriften.

Zudem reicht der Spannungsbereich des 24-V-Systems von minimal 19,2 VDC bis maximal 30 VDC, mit Spannungsspitzen bis zu 60 V. Eine auf 24 V voll geladene Batterie übernimmt auch dann die Versorgung, wenn die Spannungsquelle VS unter die Batteriespannung abfällt, aber immer noch im Betriebsspannungsbereich liegt. Dies ist ebenfalls unerwünscht, da sich dadurch die Batterie unnötig auf eine geringere Backup-Spannung entlädt. Also könnte das System versuchen, die Batterie gleichzeitig zu laden und zu entladen, wann immer die Systemspannung unter 24 V, aber über dem minimalen Betriebsarbeitspunkt liegt. Zur Lösung dieses Dilemmas ist ein Quellen-Wahlschalter nützlich.

Bild 3 unten links zeigt das Konzept eines solchen Spannungsquellen-Wahlschalters. Mit den beiden Back-to-Back-MOSFETs kann der Controller den Strompfad wie mit einem mechanischen Schalter in beiden Richtungen vollständig blockieren, daher sind die verwendeten idealen Dioden mit Back-to-Back-MOSFETs hier vereinfacht als mechanische Schalter dargestellt. In dieser Konfiguration ist VS auf hohe Priorität eingestellt. VB ist ausgeschaltet und wird nur dann eingeschaltet, wenn VS unter den Betriebsspannungsbereich abfällt. Bild 3 oben rechts illus­triert den Betrieb des Spannungsquellen-Wahlschalters, während die Batterie im Standby ist, und Bild 3 unten den Betrieb während des Backups.

Wichtige System-Schutzfunktionen

Obwohl Bild 3 einen mechanischen Schalter beschreibt, der entweder geöffnet oder geschlossen ist, kann der Controller tatsächlich mit einer präzisen Strommessschaltung auch den Stromfluss regeln. Wertvolle Funktionen wie Einschaltstrombegrenzung (Hot Swap), Schutz vor Überlast/Kurzschluss (eFuse) und Unter-/Überspannung (UV/OV) lassen sich mit denselben Leistungs-MOSFETs realisieren, die man bereits im Einsatz hat.

  • Hot-Swap: Wie in Bild 2 gezeigt benötigt das System-Board eine Hot-Swap-Funktion, um den Einschaltstrom, der den Eingangskondensator C lädt, zu begrenzen, wenn die Baugruppe in die Backplane eingeschoben wird (in welcher auch die Haupt-Systemversorgung und die Backup-Batterie kontaktiert sind). Diese Hot-Swap-Funktion wird durch Messen und Regeln des Stroms realisiert, welcher durch Q2 in Bild 1 rechts fließt.
  • eFuse: Die Funktion der elektronischen Sicherung schützt das System vor Überstrom oder Kurzschlüssen. Diese Aufgabe erfüllt derselbe Q2 aus Bild 1, indem der Strom durch ihn überwacht, begrenzt und nach Bedarf abgeschaltet wird. Die Genauigkeit des Schwellwertes der Strombegrenzung in einer eFuse-Applikation ist wichtig, um das Leistungsbudget des Systems zu optimieren.
  • Unter-/Überspannung: Der Controller überwacht die Spannungsversorgung ständig. Eine Unterspannungsabschaltung (UVLO, Under Voltage Lock Out) hält Q2 in Bild 1 so lange sicher ausgeschaltet, bis die Spannung der Stromversorgung über den unteren Betriebspunkt ansteigt (19,2 V in diesem Fall). Der Überspannungsschutz (OV) schaltet Q2 sicher aus, wenn Eingangsspannungsspitzen den maximal eingestellten Pegel (in diesem Fall >30 V) überschreiten.

Auswirkung der Spezifikationen einer idealen Diode auf die Systemleistung

Lassen Sie uns einige wichtige Spezifikationen für den Einsatz der idealen Diode in einer ORing- oder Stromquellen-Auswahlschalter-Konfiguration näher betrachten:

  • Ansprechzeit des Rückstroms: Zeit, die nötig ist, um Q1 auszuschalten, wenn VB größer als VA wird (Bild 1 rechts). Diese Ansprechzeit tR muss klein sein (100 ns), um zu verhindern, dass Strom von VB zurück nach VA fließt. Rückspannungen können im System auftreten, wenn die Spannungsquelle VS während der Versorgung des Verbrauchers abschaltet, auf eine Unterspannung absackt oder kurzschließt. In diesem Fall verhindert oder minimiert tR einen Rückwärtsstrom vom Erhaltungskondensator C oder von der Backup-Batterie zurück zu VS.
  • Erholung nach einer Überspannung: In Systemen ohne Backup-Batterie (Bild 4 oben) liefert der Erhaltungskondensator C den Backup-Strom. In diesem Fall triggert eine Überspannung an der Systemversorgung (VS) das Abschalten des Transistors Q2. Der Kondensator liefert den nötigen Strom, um das System in Betrieb zu halten, wobei seine Spannung wegen des Entladens abfällt. Wenn VS in den normalen Betriebsbereich zurückkehrt, schaltet Q2 wieder ein. Die Zeit für Q2, um wieder einzuschalten, tON, muss kurz sei, um den Spannungsabfall des Kondensators zu minimieren. Bild 4 unten zeigt im relativen Vergleich, dass die halbe tON bei gleicher Erhaltungskapazität auch den Spannungsabfall um die Hälfte reduziert.

Wie gezeigt, erhöhen verschiedene Funktionen wie der Quellen-Auswahlschalter, Hot-Swap, eFuse oder der Schutz vor Unter-/Überspannung und anderen kritischen Zuständen die Robustheit des Systems gegen gängige Systemfehler. Alle diese Eigenschaften mit vielen einzelnen ICs für je nur eine Funktion zu implementieren, ist aufwändig, komplex und benötigt viele Komponenten. Der neue, hoch integrierte Baustein „MAX17614“ vereint in einem einzigen IC eine leistungsstarke ideale Diode und weitere Funktionen, welche erforderlich sind, um das Stromversorgungssystem komplett zu schützen. Der Baustein arbeitet im Bereich zwischen 4,5 und 60 V, liefert 3 V am Ausgang und enthält die Funktionen ideale Diode, priorisierter Quellen-Auswahlschalter mit einstellbarer Strombegrenzung, Hot-Swap, eFuse sowie Schutz vor UV und OV. Bild 5 zeigt ein vereinfachtes Schaltbild des MAX17614 in einer ORing- bzw. einer Spannungsquellen-Wahlschalter-Applikation.

Fazit

Die Lösung mit MOSFETs in einer Back-to-Back-Konfiguration bietet verbesserte Systemsteuerfunktionen. Traditionelle Lösungen mit einer Kombination aus vielen Einzel-ICs sind komplex und umständlich. Wie der praktische Einsatz in einer industriellen Anwendung mit einer Unterbrechungsfreien Stromversorgung als Backup-System zeigt, gewährt eine ideale Diode, integriert mit den weiteren notwendigen Funktionen, den vollständigen Schutz des Systems in einem einzigen IC. (cg)

* Anthony Huynh ist Technical Staff, Applications Engineering bei Analog Devices.

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