EP Basics: Grundlagen der Elektrotechnik Kondensatoren richtig auswählen

Aktualisiert am 15.03.2021 Wilhelm Haßenpflug *

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Kondensatoren gibt es in diversen Bauformen für unterschiedliche Anwendungen. Welcher Kondensatortyp der richtige ist, hängt vom Einsatz ab.

Die Qual der Wahl: Für die gezielte Auswahl eines Kondensators muss sich der Entwickler einen Überblick aller wichtigen Parameter verschaffen
Die Qual der Wahl: Für die gezielte Auswahl eines Kondensators muss sich der Entwickler einen Überblick aller wichtigen Parameter verschaffen
(Bild: Blume Elektronik)

In diesem Artikel aus unserer Serie EP Basics geht es darum, wie Anwender die optimalen Kondensatoren für ihre Projekte finden. Im Video am Artikelende fasst Tobias Tippelt von „Elektrotechnik einfach erklärt“ die wesentlichen Informationen anschaulich zusammen und zeigt, worauf man bei der Auswahl achten sollte.

Der prinzipielle Aufbau eines Kondensators (Bild 1) ist schnell erklärt: Zwischen zwei Kondensatorplatten, der Anode und der Kathode, befindet sich das Dielektrikum, das die beiden leitenden Flächen voneinander isoliert. Ein Kondensator also ist ein passives Bauelement, das elektrische Ladung und somit Energie speichern kann.

Die Kondensator-Folien, das Dielektrikum und die Bauform bestimmen wesentlich die Eigenschaften des Kondensators, nämlich Ladung zu speichern, die dann proportional zu der an den Platten anliegenden Spannung ist. Diese Proportionalität, als Kapazität bezeichnet, gilt als wesentliches Merkmal des Kondensators. Technologisch unterteilen lassen sich Kondensatoren in drei Bauarten: elektrostatisch, elektrolytisch und elektrochemisch.

Unter dem Aspekt der spezifischen Entladezeit eines Energiespeichers – und der Kondensator ist nichts anderes - lassen sich diese Bauelemente hinsichtlich ihrer Fähigkeit einteilen, Energie zu speichern. Und zwar nach der Entladezeit als Ragone-Diagramm. Aufgetragen wird dabei die Energiedichte in Wh/kg über die Leistungsdichte in W/kg. Für die unterschiedlichen Speichertechnologien lassen sich so die entsprechenden Entladezeiten visualisieren.

Mit Kondensatoren lassen sich unterschiedliche Anwendungen realisieren

Dank der Fähigkeit des Kondensators, elektrische Energie zu speichern und zwischen zu speichern, kann man die unterschiedlichsten Anwendungen realisieren. So nutzt der Pufferkondensator diese Eigenschaft, um Spitzenbelastungen abzufangen, eben zu puffern. Man kann auch Spannungen glätten, eine Aufgabe für den Siebkondensator. Verwendungsmöglichkeiten finden sich auch für die Aufgaben Filterung und Entstörung sowie zum Bau von Schwingkreisen.

Praktischen Nutzen bringen Kondensatoren dem Elektroniker beim Berechnen von zeitbestimmenden Schaltungen, zum Kompensieren von Blindleistung, Frequenzen und eventueller Phasenverschiebung. Realisieren lassen sich mit Kondensatoren Hoch- und Tiefpassfunktionen ebenso kann man Signale in einer Schaltung koppeln oder entkoppeln. Als Sicherheitskondensator ausgeführt, schützen sie vor dem Einfluss hochfrequenter Störsignale und Überspannungen.

Wichtige Kenngröße des Kondensators ist dessen Nennkapazität C. Es ist die Kapazität, die der Kondensator, gemessen bei 20 °C, bei meistens 1 V Prüfspannung aufweist. Gemessen wir die Kapazität in der Einheit Farad (pF, nF, μF, mF, F), sie hängt ab von Bauform, Dielektrikum und damit von der verwendeten Technologie.

Abweichungen von der Nominalkapazität

Zu den Toleranzen bei Kapazitäten: Gemessen werden die prozentualen Abweichungen von der Nominalkapazität. Diese Werte beschreiben die zulässige Abweichung von den Spezifikationswerten im Anlieferungszustand. Die möglichen Toleranzen hängen auch von den jeweiligen Technologien ab, so dass die Werte starken Schwankungen unterliegen.

Wichtig für die Praxis ist die Betriebstemperatur. Sie gibt an, in welchen Temperaturbereich man den Kondensator betreiben darf. Die Betriebstemperatur wirkt sich stark auf die Lebensdauer des Bauteils aus. Gleichfalls beeinflusst auch die verwendete Kondensatortechnologie die Lebensdauer. Ein Beispiel: der Keramikkondensator. Hier hat die Betriebstemperatur nur geringen Einfluss, beim Elektrolytkondensator hingegen hat die Betriebstemperatur einen sehr hohen Einfluss. In grober Näherung wird diese Eigenschaft durch die Arrhenius-Regel beschrieben.

Der Temperaturkoeffizient: Er gibt die Veränderung der Nennkapazität gemessen bei 20 °C über den Verlauf zur Temperatur wieder. Angegeben wird dieser Wert meist in ppm/K oder über die Klassifizierung des Dielektrikums, z.B. bei den Ausführungen Keramik X7R oder Keramik NPO.

Die Equivalent Series Resistance ESR ist der niedrigste Punkt in der Impedanzkurve des Kondensators. Im Allgemeinen gilt: Je niedriger der ESR-Wert, umso besser ist der Kondensator. Der ESR-Wert ist frequenzabhängig und unterscheidet sich erheblich in den einzelnen Ausführungen, je nach verwendeter Technologie.

Bild 2: Universelles Ersatzschaltbild eines realen Kondensators.
Bild 2: Universelles Ersatzschaltbild eines realen Kondensators.
(Bild: Blume Elektronik)

Das Ersatzschaltbild eines realen Kondensators

Das Ersatzschaltbild eines realen Kondensators lässt sich wie folgt darstellen: Parallel zum idealen Kondensator C0 kann man sich einen Isolationswiderstand Rp und einen dielektrischen Widerstand R(f) vorstellen (Bild 2). Letzterer symbolisiert frequenzabhängig die dielektrischen Verluste. In Reihe geschaltet damit ist L, die serielle Induktivität sowie der Serienwiderstand Rs verursacht von den Zuleitungen und Kontaktierungen.

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Eine weitere wichtige Eigenschaft von Kondensatoren beschreibt deren Scheinwiderstand Z, der von der Frequenz und der Temperatur abhängt. Bei der Resonanzfrequenz erreicht Z ein Minimum, nämlich den ESR-Wert. Über die Frequenz aufgetragen ergeben sich für die unterschiedlichen Kondensatorausführungen verschiedene typische Widerstands-Verläufe.

In vielen Anwendungen liegt an dem Kondensator ein dem Gleichstrom überlagerter Wechselstrom, der Ripple Current, mit an. Dieser Strom belastet in der Spitze und Frequenz den Kondensator zusätzlich. Er muss in der Auswahl berücksichtigt werden.

Die Nennspannung eines Kondensators

Als Nennspannung bezeichnet man die maximale Gleichspannung bei der sich der Kondensator im Dauerbetrieb bei Raumtemperatur (25 °C) betreiben lässt, ohne Schaden zu nehmen. Die Prüfspannung, sie liegt über der Nennspannung, darf nur kurzzeitig anliegen und nur bis zum maximalen Prüfspannungswert und keinesfalls darüber. Sie kann je nach Technologie von dem 1,2- bis zum 2,5-fachen der Nennspannung liegen.

Die Impulsbelastbarkeit ist ein Parameter, der definiert, um welchen Wert die Spannung in welcher Zeit ansteigen darf. Die Flankensteilheit wird in V/μS angegeben. Die Spannungsänderung verursacht einen Strom, der zu Schäden an den Kontaktierungen zwischen den Elektroden und den Anschlüssen führen kann.

Frequenzabhängig und bei vorgegebener Frequenz gemessen wird der Verlustfaktor. Hier gilt: Nur ein idealer Kondensator kann als reiner Blindwiderstand betrachtet werden. Reale, technische Kondensatoren weisen induktive und ohmsche Verluste auf, die von den jeweiligen Bauformen und Betriebsbedingungen abhängig sind. Der Verlustwinkel δ ist die Differenz zum idealen Phasenwinkel von 90 ° und ergibt den realen Phasenwinkel φ. Der Verlustwinkel δ sollte so klein wie möglich sein. Der Verlustfaktor tan δ wird entweder in Prozent (8%) oder als Faktor (0,08) angegeben. In englischen Spezifikation wird er häufig Dissipation Faktor (DF) genannt.

Der Reststrom, auch Leckstrom genannt, beschreibt die Selbstentladung des Kondensators. Es ist der während des Betriebes durch den Kondensator fließende geringe Gleichstromanteil und wird auch als LC, Leakage Current, bezeichnet. Es ergibt sich folgende Faustformel für den LC: LC = 0,01 * C * U (U(V), C (μF), LC (μA).

Der Isolationswiderstand wiederum definiert das Verhältnis der angelegten Testspannung zum fließenden Strom. Der Isolationswiderstand liegt in der Regel im Mega-Ohm-Bereich. Die Zeitkonstante gibt an, in welcher Zeit ein aufgeladener Kondensator auf ca. 37% der Spannung abgesunken ist. Diese Zeitspanne kann je nach Technologie zwischen 3 und 30 Stunden liegen. ,

Bild 3: Kondensatorausführungen in der Praxis, ein Überblick.
Bild 3: Kondensatorausführungen in der Praxis, ein Überblick.
(Bild: Blume Elektronik)

Jede Kondensator-Technologie hat andere Eigenschaften

Die verschiedenen Kondensatortechnologien (Bild 3) haben unterschiedliche Eigenschaften, die bei der Auswahl zu berücksichtigen sind.

Besonderheiten bei der praktischen Auswahl von Kondensatoren sind bei Elektrolytkondensatoren: die maximal sinnvolle Betriebsspannung. Sie sollte bei 550 V liegen, wenngleich technisch bis 700 V möglich sind. Die maximale Temperatur sollte 135 °C nicht überschreiten, um die Lebensdauer nicht unnötig zu verkürzen. Und es gilt: Eine lange Lagerzeit bewirkt Kapazitätsverlust.

Bei Filmkondensatoren gibt es große Unterschiede zwischen den verwendeten Filmmaterialien. Als Maximal-Temperatur sind 150 °C spezifiziert. Die Bauformen sind größer als die für Elektrolytkondensatoren.

Bei Multilayer-Keramikkondensatoren muss man die Keramikmasse beachten. Hohe Spannungen führen oft zu einem Derating der Kapazitäten. Bei der Verfügbarkeit kann es zu Einschränkungen kommen.

Erst seit kurzem auf dem Markt sind Graphen-Kondensatoren, noch haben sie eine geringe Produktvarianz, die aber laufend ausgebaut wird. Verfügbar sind heute Ausführungen mit Spannungen bis 60 V.

EDLC-Kondensatoren können bei einer maximalen Temperatur von 65 °C verwendet werden, sie sind ausgelegt für maximale Spannungen bis 2,7 V und weisen höhere Leckströme auf. LIC-Kondensatoren sind spezifiziert für maximale Temperaturen bis 65 °C, höhere Werte bis 85 °C erfordern geringe Spannungen. Als maximale Spannung ist 3,7 V angegeben, der Leckstrom ist gering.

Bild 4: Das Netzdiagramm erleichtert die Übersicht bei der Auswahl wichtiger Eigenschaften von Kondensatoren.
Bild 4: Das Netzdiagramm erleichtert die Übersicht bei der Auswahl wichtiger Eigenschaften von Kondensatoren.
(Bild: Blume Elektronik)

Netzdiagramm: Kondensator-Parameter übersichtlich darstellen

In Form eines Netzdiagramms lassen sich übersichtlich die Parameter der jeweiligen Kondensatortypen gegenüberstellen (Bild 4): Toleranz, Betriebstemperatur, Temperaturstabilität, Kapazität, Lebensdauer (Life), ESR, Z (Scheinwiderstand), LC (Leakage Current), Nennspannung, Überspannung und Impuls.

Vor der Produktauswahl zu klären, sind je nach Anwendung, folgende Fragestellungen:

  • Welche Kapazität braucht die Anwendung?
  • Welche Spannung ist erforderlich?
  • In welchem Temperaturbereich arbeitet die Anwendung?
  • Ist die Anwendung sicherheitsrelevant?
  • Wie viel Platz steht für den Kondensator zur Verfügung?
  • Welche Kostenziele sollen erreicht werden?

Für die Praxis gilt: Immer Sicherheit einplanen und berechnen sowie Toleranzen berücksichtigen! Besonderheiten wie Minimalspannungen oder Spannungsderating berücksichtigen!

Bei allen Überlegungen sollte man auch über den Tellerrand des Bauteileinsatzes blicken:

  • Welche Spannung liegt maximal am Bauteil an?
  • Sind benachbarte Bauteile betroffen?
  • Welche Frequenz liegt an?
  • Wie hoch ist die Bauteiltemperatur in der Schaltung?
  • Welche weiteren Maßnahmen sind noch zu treffen?
  • Gibt es Effekte, die zu beachten sind? Beispielsweise Effekte wie Mikrophonie, das heißt die Eigenschaft elektronischer Bauteile, bei mechanischer Anregung (Luftschall, Körperschall) ihre elektrischen Parameter zu verändern.

Die Leistungsgrenzen bei Kondensatoren sind längst nicht erreicht

Der Blick in die Zukunft zeigt, dass bei Kondensatoren längst nicht die Leistungsgrenzen erreicht sind. Neue Technologien befinden sich in der Entwicklung, wie Kondensatoren mit dem Dielektrikum Graphen oder Silizium, ebenso LTCC-Ausführungen sowie Kondensatoren als „Gedruckte Schaltungen“. Keramik-Kondensatoren lösen künftig andere Bauarten ab, Tantal wird zunehmend ersetzt. Und im Allgemeinen gilt: Die Bauformen von Kondensatoren werden immer kleiner.

Video zu diesem EP-Basics-Beitrag

Im folgenden Video zeigt euch Tobias Tippelt von „Elektrotechnik einfach erklärt“ die wesentlichen Merkmale von Kondensatoren und erklärt, worauf Anwender bei der Auswahl achten sollten.

* Wilhelm Haßenpflug ist Geschäftsführer der Blume Elektronik GmbH in Bad Salzdetfurth.

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