Technologietrends 2024 Security, KI und Connectivity im Fokus der Industrie

Von Hannes Niederhauser, Kontron 5 min Lesedauer

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Die neuen Security-Regularien dürften wohl eine der wichtigsten Herausforderung für Geräte- und Maschinenhersteller im aktuellen Jahr sein. Verstärken wird sich zudem der Trend hin zu künstlicher Intelligenz und Connectivity.

Kontrons TSN-Starterkit: Mit einer PCI- Express-Karte und passender Software können IPCs für TSN nachgerüstet werden.
Kontrons TSN-Starterkit: Mit einer PCI- Express-Karte und passender Software können IPCs für TSN nachgerüstet werden.
(Bild: Kontron)

Der Anspruch an die Sicherheit steigt kontinuierlich, insbesondere bei Maschinen und Infrastruktur. „Security by Design“ soll nun auch als gesetzlich verankertes Konzept dafür sorgen, dass Manipulation von außen weitestgehend ausgeschlossen ist.

Mit IEC 62443 greift ein internationaler Cybersicherheitsstandard für industrielle Automatisierungs- und Steuerungssysteme. Kontron arbeitet derzeit daran, die Zertifizierung frühzeitig noch in diesem Frühjahr abzuschließen. Maschinenhersteller und -betreiber haben laut der Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 noch knapp drei Jahre Zeit, die neuen Anforderungen an Maschinen und Anlagen zu erfüllen.

Den Cybersicherheitsstandard IEC 62443 für Automatisierungs- und Steuerungssysteme erfüllen

Dafür muss sowohl im Entwicklungsprozess als auch im Produktionsprozess eines Computersystems sichergestellt sein, dass an keiner Stelle Schadsoftware in Hard- und Software gelangen kann. Anbieter müssen in der Lage sein, neueste Sicherheitslücken sofort zu schließen und Fehler zu beheben. Hier setzen Lösungen wie KontronOS an. Das Betriebssystem besteht aus einem minimalistischen Standard-Linux, deckt jedoch alle Funktionalitäten ab, die Kunden typischerweise benötigen. Für diese Plattform wird kontinuierlich nach neuen Bedrohungen oder Schwachstellen gefahndet, und Sicherheitslücken werden automatisch durch Updates behoben.

Maschinen- und Anlagenherstellern sowie Medizinproduktanbietern steht damit ein wichtiger Baustein zur Verfügung, um die neuen Regularien zu erfüllen. Die Auswirkungen sind schon im Markt spürbar: Praktisch jede neue Ausschreibung enthält bereits diese normative Anforderung. Der verbesserte Schutz treibt alle Marktteilnehmer um.

Künstliche Intelligenz ist weiter auf dem Vormarsch

Der KI-Hype um ChatGPT betrifft die Branche eher indirekt, der Schwerpunkt bei künstlicher Intelligenz liegt weiterhin klar auf der Bildverarbeitung, insbesondere in Bezug auf die Qualitäts- und Fertigungsoptimierung, sowie Überwachung und Sicherheit im Produktionsumfeld. Alle Hersteller arbeiten intensiv daran, die nötigen Parallelprozesse effizienter auf Hardware-Ebene umzusetzen, einschließlich der Anbindung an weitere Systeme oder Maschinen.

Dafür stehen vor allem bei Grafikprozessoren, die auf die Beschleunigung von KI-Applikationen spezialisiert sind, viele neue Produkte von Unternehmen wie Nvidia und anderen Marktführern im Fokus der Aufmerksamkeit. Auch bei den CPUs verzeichnen die Hersteller weitere Leistungssteigerungen und eine erhöhte Integration von KI-Beschleunigern – AI IP (Inference Accelerator).

Unternehmen wie TI, NXP, Hailo, oder Broadcom integrieren KI-Beschleuniger aktuell in ARM–basierende, stromsparende und kostengünstige Rechnerplattformen, die in verschiedenen Umgebungen, etwa in Edge-Systemen, Kameras oder Fahrerassistenzsystemen, genutzt werden können. Wichtige Anwendungsszenarien für autonomes Fahren finden sich auch im Schienentransport, in der Fabriklogistik sowie in Konstruktions- oder Erntemaschinen.

Intel und AMD hingegen verleihen den leistungsstarken Rechnersystemen, die für das Training von KI-Modellen auf einzelnen Hochleistungsmaschinen oder in der Cloud erforderlich sind, weitere Leistungsfähigkeit und immer weiter reduzierten Stromverbrauch.

Connectivity: Künstliche Intelligenz braucht Vernetzung

Auch die Konnektivität bleibt mit 5G und WiFi 6 ein dominierendes Thema. Während 5G-Campusnetzwerke bisher hauptsächlich in Leuchtturm-Projekten implementiert wurden, zeichnet sich derzeit ein breiterer Einsatz der Technologie ab. Ein wesentlicher Treiber dafür ist der Bedarf für erhöhte Sicherheit und Stabilität von Wireless-Verbindungen, sowie zunehmende Datenmengen mit unterschiedlichen Prioritäten und Services. Die Datenrate, die beherrscht werden muss, steigt durch KI, Echtzeitsteuerungen sowie verstärkte Video- und Bildverarbeitung drastisch an. Im medizinischen Umfeld wie in der Fertigungsindustrie werden komplexe Systeme immer flexibler zu leicht beweglichen Inseln zusammengefasst, sodass die komplexe Verkabelung zum Problem wird und drahtlosen Verbindungen weichen muss. Hier wird man nicht auf 5G verzichten können. 5G wird auch beim autonomen Fahren für Assistenzsysteme weiter an Bedeutung gewinnen.

Der Ansatz von Kontron im 5G-Umfeld besteht darin, sowohl günstige 5G-fähige Endgeräte als auch die Netzwerkinfrastruktur als privates 5G-Netz zur Verfügung zu stellen und damit komplette Lösungen aus einer Hand zu entwickeln und bereitzustellen. Durch den Erwerb von Teilen des Funkmodul-Herstellers Telit und die Spezialisierung von Kontron Slowenien auf 5G-Mobile-Private-Network-Angebote wurden die Ressourcen ausgebaut. In Praxisprojekten zeigt sich immer wieder, dass die Integration oft aufwendig und risikobehaftet ist, wenn verschiedene Anbieter zusammengebracht werden müssen. Die Integrationsleistung wird zu einem integralen Bestandteil eines Komplettpakets mit aufeinander abgestimmten Technologien. Auch für Support und Service braucht es dann nur einen Ansprechpartner.

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Speziell in der Fabrikautomation müssen sich die Produkte in große Produktionssysteme integrieren und dafür Schnittstellen für die sichere und deterministische Datenübertragung mitbringen. Hier spielen TSN und in Zukunft auch TSN-over-5G eine wichtige Rolle. Neben den Industrieanwendungen sehen wir insbesondere bei den Bahnen einen großen Innovationsschub im Bereich Mission critical Communication und Passenger Entertainment. Auch hier ist Kontron intensiv in die Anpassung der 5G-Technologie für die sichere Bahnkommunikation der Zukunft involviert.

Beliebte Formfaktoren

Aufgrund seiner Vielseitigkeit wird der Formfaktor SMARC auch weiterhin eine bedeutende Rolle spielen. Computer-on-Modules im kleinen, energiesparenden Formfaktor eignen sich besonders für kundenspezifische Lösungen, in denen sich aufgrund der Größen- oder Designvorgaben kein Motherboard als Standard nutzen lässt. Neben dem großen Angebot an industriellen Standard-Motherboards stehen unter anderem die Formfaktoren COM-Express und HPC zur Verfügung. Damit können Gerätehersteller Modulträger (Carrier Boards) nutzen, die flexibel an das eigene Design angepasst werden und dabei trotzdem von der „Economy of Scale“ der großen Standard-Modul-Familien profitieren. Weitere typische Einsatzszenarien sind in der Industrieautomatisierung oder im Retail-Umfeld zu finden, beispielsweise bei intelligenten elektronischen Waagen.

Auch für Maschinenbauer wird es einfacher, auf Basis eines Carriers neue Funktionalität zu entwickeln. Zum einen kann von Standards und damit auch von Austauschbarkeit im Sinne von Second Source profitiert werden. Zum anderen lässt sich die Performance über den gesamten Lebenszyklus eines Produkts skalieren, indem einfach ein kompatibles Modul neuerer Generation auf dem Carrier ausgetauscht wird.

Die Dynamik in Lieferketten beherrschen

Die Probleme mit Lieferketten und Versorgungsengpässen haben sich zwar merklich entspannt. Angesichts der Dynamik mag jedoch wohl niemand prophezeien, mit welchen Herausforderungen die Märkte in naher Zukunft konfrontiert sind. Die Lieferfähigkeit bleibt ein zentrales Thema für alle Anbieter. Kontron setzt hier etwa auf höhere Lagerbestände, die sich an Forecasts orientieren. Für sämtliche Komponenten gibt es eine Second Source, und in den vergangenen Jahren wurden Re-Designs für schwer verfügbare Komponenten durchgeführt.

Dem Fachkräftemangel entgegenwirken

Insbesondere im Mittelstand zeichnet sich ab, wie herausfordernd es ist, die vielen neuen Technologien und Sicherheitsanforderungen parallel zu stemmen. Das Thema der begrenzten Ressourcen macht sich vor allem auch in der Produktentwicklung bemerkbar. Ziel ist es, den Kunden durch den Einsatz vorentwickelter Module viele Entwicklungsaufgaben zu erleichtern und über das von Kontron entwickelte susietec-Toolset Expertise in die Software-Entwicklung der Projekte einzubringen. (mk)

* Hannes Niederhauser ist CEO der Kontron AG.

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