Fehler in der Displaytechnik Grundlegende Physik wird oft nicht berücksichtigt

Ein Gastkommentar von Klaus Wammes 6 min Lesedauer

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Viele Fehler bei der Konstruktion von Displays sind auf thermische und elektrische Probleme zurückzuführen. Die Ursache ist nicht mangelndes technisches Verständnis. Oft fehlt es an Zeit, Disziplin und Sorgfalt.

Physik in der Elektronik: Elektrik, technisches Design, Mechanik, Elektronik und das Optical Bonding sind die Top Five bei Displayfehlern.
Physik in der Elektronik: Elektrik, technisches Design, Mechanik, Elektronik und das Optical Bonding sind die Top Five bei Displayfehlern.
(Bild: frei lizenziert / Pixabay)

Die Gesetze der Physik bleiben unverändert. In der Displaytechnik und ihren Anwendungen gibt es jedoch immer noch einige Fehler und Fehlerklassen, die sich nicht ändern. Es ist wichtig zu betonen, dass in der Elektrik, im technischen Design und in der Mechanik keine Fehler gemacht werden dürfen. Klaus Wammes hat die Displaybranche über 30 Jahren beobachte und sagt, dass die Ursachen für Fehler nicht einfach auf budgetäre Faktoren zurückzuführen sind. Die fehlende Kenntnis, Bereitschaft oder gar Lust, Fehler zu beheben, ist der einzige Grund.

Entwicklungen verlaufen oft stürmisch. Fehler und Lernkurven sind die Folge. Dies gilt auch für die Optoelektronik. Erstaunlich ist, wenn sich die gleichen Fehler auch nach vielen Jahren immer wieder wiederholen. Ein Beispiel ist das Optical Bonding, ein Prozess, bei dem es viel zu lernen gab und der verständlicherweise viel Geld gekostet hat. Viele Jahre später treten immer noch Blasen, Verunreinigungen oder Vergilbungen in der Bondverbindung auf.

Die Top Five der Displayfehler

Auch beim elektrischen Potentialausgleich oder beim Ausdehnungskoeffizienten, der ohnehin materialspezifisch ist, hat sich im letzten Jahrhundert nicht viel getan. Dennoch treten auch heute noch die gleichen elektrischen und mechanischen Probleme bei Displayanwendungen auf. Und nicht nur hier. Im Allgemeinen sind die häufigsten Display- und Integrationsprobleme auf mangelnde Fähigkeiten in den grundlegenden Aktivitäten zurückzuführen.

Das zeigen zumindest die Top Five der Displayfehler: Elektrik, technisches Design, Mechanik, Elektronik und das Optical Bonding. Wie es dazu kommt, lässt sich an drei Fehlergruppen aufzeigen. Während vor 25 Jahren die Leistungsaufnahme der Geräte noch bei einigen Kilowatt lagen und die Geräte so groß waren, dass sie nicht von einer Person getragen werden konnten, liegen sie heute bei wenigen Milliwatt und lassen sich in der Hosentasche tragen.

Ein Problem bleibt: lokal zu viel Abwärme ist schädlich. Zu viel Wärme im Display oder wenn die gesamte Baugruppe zu heiß wird, gibt es Probleme. Das war schon immer so und wird wohl auch immer so bleiben. Die intellektuelle Transferleistung besteht dann darin, zu verstehen – oder verstehen zu wollen –, dass bei immer kleiner werdender Elektronik und kleineren Displays zwar die Abwärme in Summe geringer werden kann, aber kleinere Massen auch deutlich geringere Wärmemengen benötigen, um lokal zu überhitzen. Hier entstehen sogenannte Hot Spots.

Entwicklern ist nicht bewusst, wo physikalische Probleme entstehen

Klaus Wammes von Wammes & Partner: „Bei den meisten Displayfehlern geht es darum,  einfach die Physik und ihre grundlegenden Spielregeln zu berücksichtigen“.
Klaus Wammes von Wammes & Partner: „Bei den meisten Displayfehlern geht es darum, einfach die Physik und ihre grundlegenden Spielregeln zu berücksichtigen“.
(Bild: Wammes & Partner)

Analoges gilt für elektrische Probleme. Auch sie scheinen gekommen zu sein, um zu bleiben. Allerdings sind die Verantwortlichen in dieser Problemkategorie besonders lernresistent und resistent gegen einfache Grundkonzepte. Die Vermeidung elektrischer Probleme ist nicht einmal mehr ein Kostenfaktor. Dass beispielsweise Ghost-Touch (Gerät führt Funktionen aus, die ohne physische Berührung stattfinden) immer noch vorkommt oder Displays schlecht lesbar sind, sollte eigentlich mit sehr überschaubaren Transferleistungen von Projekt zu Projekt zu beheben sein. Früher nannte man das Lerneffekte.

Ein Blick in die Tiefe zeigt dann leider, dass den Verantwortlichen oft gar nicht mehr bewusst ist, wo die Probleme entstehen. Denn auch in unserer digitalen Welt sind die Ursachen der meisten Probleme immer noch analoger Natur. Und das wird auch so bleiben – zumindest in der realen Welt. Es scheint sogar fast so, als sei ein Mindestmaß an analogem Grundverständnis keine Voraussetzung mehr, um verantwortungsvoll handeln zu können. Deshalb ist es notwendig, Konstrukteure und Elektronikentwickler immer wieder aufzuklären. Sie sollten inzwischen die notwendige Erfahrung haben, aber trotzdem fehlt das Wissen oder es wird ignoriert. So beispielsweise hat die absolute Dimension drei Watt keinen signifikanten Einfluss auf das Wärmeproblem. Vielmehr ist wichtig, wo, wann und wie diese drei Watt in der jeweiligen Baugruppe auftreten und gemanagt werden müssen.

Entwickler müssen mehr Fleißarbeit investieren

Die Verantwortlichen planen nicht nur immer weniger Zeit ein, sondern spulen ihre Routinen ab, wo eigentlich Anpassungen notwendig wären. Teilweise wird nicht einmal mehr nach dem Pareto-Prinzip gearbeitet. Die Devise scheint zu lauten: „Warum soll es nicht funktionieren – es wird schon gut gehen“. Dieser Ansatz stößt schnell an seine Grenzen. Denn: Wenn an zu vielen Stellen zu viele technische Spielregeln nicht eingehalten werden, entstehen über kurz oder lang Problemprodukte. Sie verursachen im Nachhinein entweder deutlich mehr Arbeitsaufwand oder können nur noch ersetzt werden.

Das Kernproblem ist meist, dass nicht nur das Verständnis fehlt, sondern auch der Wille, sich mit den Themen auseinanderzusetzen oder die gedankliche und operative Transferleistung zu erbringen, bereits bekannte Probleme auch auf neue Geräte und Entwicklungen zu übertragen. Dazu müssten die Verantwortlichen etwas mehr Fleiß investieren, ihre Komfortzone verlassen, sich eventuell schulen lassen oder ihren logischen Verstand einsetzen – und sich nicht selten gegen Vorgesetzte durchsetzen.

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Wenn es nicht bei einem Fehler bleibt

Leider lösen sich Probleme in der Optoelektronik nicht von selbst. Im Gegenteil: Ein Fehler kommt selten allein. Zu allem Überfluss treten auch noch Folgefehler auf. Verschmutzungen sind ein Beispiel dafür, wie sich aus den ersten weitere addieren. Denn: Ist es bereits warm und sind Displays mechanisch nicht dicht, dringt Feuchtigkeit ein und kondensiert.

An der feuchten Stelle siedeln sich mit der Zeit richtige Bugs an. Da zudem viele verschiedene Kohlenwasserstoffe vorhanden sind, gibt es im weitesten Sinne auch Nahrung für Pilze, Milben und dergleichen. Es entsteht ein Mini-Ökosystem, das im wahrsten Sinne des Wortes Leben in die Baugruppe bringt. Die eigentliche Funktion wird jedoch zumindest beeinträchtigt, bis hin zur Funktionsunfähigkeit.

Besonders fragwürdig unter den immer wiederkehrenden Fehlern sind jene nach dem Motto „Das ist mir jetzt egal, das lasse ich mal so stehen“, auch bekannt als „Mut zur Lücke“. Das sind Fehler, bei denen zwar zunächst gedacht und gerechnet wurde, aber der Ansatz einfach falsch oder zu aufwendig war. Wenn es dann etwas komplexer wird und die erwarteten einfachen Ergebnisse ausbleiben oder die Zahlen und Daten nicht belastbar sind, sinkt auch die Lust, noch einmal von vorne anzufangen. Das ist dann die Einladung an Mr Murphy und seine Kollegen.

Der Autor

Klaus Wammes ist Geschäftsführer der Firma Wammes & Partner GmbH. Das Unternehmen entwickelt seit mehr als 30 Jahren elektronische Displays und Displaysysteme in allen Anwendungen und für alle Hersteller. Historisch hat sich das Unternehmen von der Forschung und Entwicklung über die Fertigung kundenspezifischer elektronischer Displays und Displaysysteme für extreme Anwendungsbereiche, basierend auf verschiedenen Technologien und eigenen Patenten, zu einem wissenschaftlichen Dienstleister rund um elektronische Displays entwickelt.
Mit zunehmender Komplexität und abnehmender Verfügbarkeit von lokalem und tiefem Display-Know-how entwickelte sich das heutige Kerngeschäft: Von TroubleShooting und Bugfixing über Fehleranalysen und Materialbeschaffung bis hin zu Beratung und Schulung für elektronische Displays und Displaysysteme (B2B).

Die grundlegende Physik nicht aus den Augen verlieren

Bei einem professionellen Anspruch an sich selbst dürfen diese Fehler nicht passieren. Wirtschaftlich gesehen sind sie sogar die teuersten. Auch wenn der vordergründige Gedanke logisch erscheint, dass dadurch zunächst keine weiteren Kosten durch zusätzlichen Aufwand wie Forschung, Entwicklung oder einfach nur Anpassung entstehen. Diese Fehler sind in Summe die häufigsten und hätten mit etwas mehr Disziplin und Fleiß bei allen folgenden Anzeigesystemen vermieden werden können.

Bei allen Fehlern geht es nicht wirklich darum, technisches Neuland zu betreten, weitere Entwicklungsschritte anzustoßen, mit künstlichen Intelligenzen zu konkurrieren oder einen Ausweg aus dem Schlamassel zu finden. Es geht einfach darum, die Physik und ihre grundlegenden Spielregeln zu berücksichtigen. Das gilt übrigens auch für den Einsatz von KI: Denn das neue vermeintliche Allheilmittel künstliche Intelligenz kann nicht wirklich denken, allerdings hilft es als nützliches Werkzeug bei der Fleißarbeit.

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