IC-Fertigung Halbleiterproduktion in China: Boom bei Fab-Ausrüstungen

Von Henrik Bork* 3 min Lesedauer

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Chinesische Foundries decken ihren Bedarf an Maschinen zur Chipherstellung mittlerweile fast zur Hälfte mit Produkten heimischer Hersteller. Gleichzeitig hat die Einfuhr ausländischer Anlagen 2023 auf 40 Milliarden US-Dollar zugenommen.

Sehr gefragt: Waferscanner – im Bild eine Anlage von Marktführer ASML – stehen bei chinesischen Chipherstellern ganz oben auf der Einkaufsliste.
Sehr gefragt: Waferscanner – im Bild eine Anlage von Marktführer ASML – stehen bei chinesischen Chipherstellern ganz oben auf der Einkaufsliste.
(Bild: ASML)

Die Industrie für Halbleiterausrüstungen erlebt in China einen Boom. Trotz der Boykotte aus Washington – oder gerade deswegen – sind sowohl die Importe von Maschinen zur Produktion von Chips als auch das Geschäft chinesischer Hersteller zuletzt explosionsartig gewachsen.

Die Einfuhren von Halbleiterausrüstungen nach China sind 2023 um 14 Prozent auf umgerechnet fast 40 Milliarden US-Dollar gewachsen, berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg. Dies kontrastiert mit einem Negativwachstum von 5,5 Prozent für sämtliche Einfuhren in die Volksrepublik.

Die Ausgaben chinesischer Chiphersteller für Fertigungsanlagen sind seit dem letzten Jahr strk gestiegen.
Die Ausgaben chinesischer Chiphersteller für Fertigungsanlagen sind seit dem letzten Jahr strk gestiegen.
(Bild: Asia Waypoint)

Zur Einordnung: TSMC, der weltgrößte Chipauftragsfertiger aus Taiwan, wird seine Ausgaben für Fertigungsequipment in diesem Jahr voraussichtlich auf etwa 30 Milliarden US-Dollar reduzieren, berichtet Branchenbeobachter Trendforce. Sprich: Ein Unternehmen investiert in vergleichbarer Größenordnung wie die gesamte chinesische Chipindustrie.

Einkauf von Chipfertigungsmaschinen über 1.000 Prozent gestiegen

Chinesische Chiphersteller hätten mit Hamsterkäufen begonnen, seit die USA ihre Boykotte schrittweise immer weiter verschärfen und auch die Niederlande und Japan zu ähnlichen Beschränkungen für Peking zwingen, glauben Analysten. Doch auch für 2024 und mittelfristig wird damit gerechnet, dass das Wachstum robust bleibt, weil der Bedarf nach Halbleitern wieder steigt.

Im Dezember etwa haben chinesische Unternehmen etwas mehr als 1.000 Prozent mehr Lithografie-Maschinen aus den Niederlanden gekauft als ein Jahr davor, zeigen Importstatistiken. Viele dieser Ausrüstungen dürfen noch immer legal an die meisten chinesischen Foundries verkauft werden, nur besonders fortgeschrittene EUV- und DUV-Maschinen sind von den Boykotten betroffen.

Lithografie für Legacy-Produkte

Auch SMIC, Chinas größter Chiphersteller, kann nach wie vor bestimmte Lithografie-Maschinen von ASML kaufen – der niederländischen Firma, die ein weltweites Quasi-Monopol in diesem Bereich hat.

Viele dieser Maschinen sind für die Produktion von sogenannten „Legacy Chips“ mit Prozessknoten von 28 Nanometer oder darüber geeignet, die in mehreren Industrien stark nachgefragt werden – und die in China gerade besonders schnell wachsen. Dazu zählen Produkte für Elektroautos und viele Anwendungen der Künstlichen Intelligenz.

Nicht nur Waferscanner sind gefragt

Ähnliche Zahlen, die das japanische Wirtschaftsmagazin Nikkei Asia ausgewertet hat, zeigen einen Anstieg von 93 Prozent bei den Importen sämtlicher Ausrüstungen für die Halbleiterindustrie. Neben Lithografie-Maschinen fallen zum Beispiel auch Ausrüstungen für Prozesse wie das Etching und die Beschichtung von Wafersubstraten darunter.

Gleichzeitig profitieren chinesische Ausrüstungshersteller stark von den geopolitischen Spannungen. Ihr Geschäft boomt noch stärker als die Importe ihrer ausländischen Konkurrenten aus den Niederlanden und Japan.

Angeblich decken chinesische Hersteller bereits fast 50 Prozent des Bedarfs

Fast die Hälfte oder 47,25 Prozent aller Ausschreibungen chinesischer Foundries für neue Ausrüstungen sind in der ersten Jahreshälfte 2023 bereits von chinesischen Anbietern gewonnen worden, schreibt das Investmenthaus Huatai Securities in einem Bericht.

Dies wäre ein deutlicher Anstieg. „Er markiert einen Wendepunkt für die Industrie, die Akzeptanz reflektierend, dass eine Lockerung der US-Restriktionen für Technologie-Importe nicht wahrscheinlich ist und sie sogar schlimmer werden könnten“, schreibt die Nachrichtenagentur Reuters. China sei auf der Suche nach der „Selbstversorgung“, die ihr Staats- und Parteichef Xi Jinping fordert.

Heimische Hersteller mit Rekordzuwächsen

Die vielen Bestellungen für Chinas Ausrüstungshersteller bescheren ihnen momentan sehr erfreuliche Bilanzen. Naura, der größte chinesische Hersteller, der unter anderem Maschinen für das Etching, das Beschichten, die Reinigung und Hochtemperatur-Öfen verkauft, konnte seinen Umsatz im vergangenen Jahr um rund 50 Prozent steigern, seine Reingewinne sogar um bis zu 76 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Das chinesische Unternehmen AMEC, das auf Etching-Ausrüstungen spezialisiert ist, konnte seine Reingewinne in 2023 vorläufigen Zahlen zufolge ebenfalls um 45 bis 58 Prozent im Jahresvergleich steigern. Ähnlich stark sind die Umsätze von ACM Research in Shanghai gewachsen, das Ausrüstungen für diverse Frontend-Prozesse baut.

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Bedarf durch Selbstversorgung decken

„Während die USA ihre Restriktionen für Chinas Halbleiterindustrie verschärfen, profitieren davon die chinesischen Hersteller von Werkzeugen zur Chipfertigung“, heißt es in einer Analyse von Reuters. Chinesische Foundries, die früher so viele Ausrüstungen im Ausland bestellt hätten, wollten jetzt so viele ihrer Maschinen wie möglich bei chinesischen Herstellern kaufen.

Dabei fällt auf, dass Chinas Ausrüstungshersteller technologisch gesehen schnellere Fortschritte machen, als viele Beobachter dies noch vor kurzem für möglich gehalten hätten. Ein Beispiel sind Maschinen von AMEC, die nun bereits in Produktionsstraßen für Chips mit 5-Nanometer-Prozessen zu finden sind. „Es gibt definitiv große Fortschritte im Bereich der chinesischen Halbleiter-Ausrüstungen, was auch an den starken Umsatzwachstums-Zahlen abzulesen ist,“ zitiert Reuters einen Analysten aus Shanghai. (me)

* Henrik Bork, langjähriger China-Korrespondent der Süddeutschen Zeitung und der Frankfurter Rundschau, ist Managing Director bei Asia Waypoint, einer auf China spezialisierten Beratungsagentur mit Sitz in Peking.

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