Neue Halbleiterfabrik Trotz Verkaufsverbot: Micron investiert massiv in China

Von Michael Eckstein und Henrik Bork* 4 min Lesedauer

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Nachdem China ein weitreichendes Verkaufsverbot für Micron-Chips verhängt hatte, kündigt der US-Speicherhersteller jetzt eine hohe Investition in den Ausbau einer Fabrik in der Volksrepublik an. CEO Mehrotra will den wichtigen Markt nicht verlieren.

Sind Micron-Chips eine Gefahr für die nationale Sicherheit Chinas? Das zumindest ist die Begründung für das aktuelle Verkaufsverbot der US-Chips in mehreren Marktbereichen des Einparteienstaats.
Sind Micron-Chips eine Gefahr für die nationale Sicherheit Chinas? Das zumindest ist die Begründung für das aktuelle Verkaufsverbot der US-Chips in mehreren Marktbereichen des Einparteienstaats.
(Bild: Micron Technology)

Der US-amerikanische Speicherhersteller Micron hat überraschend angekündigt, seine Fabrik für Chip-Packaging und -Testing im chinesischen Xi’an auszubauen. Xi’an ist die Hauptstadt der zentralchinesischen Provinz Shaanxi. Die Ankündigung einer Investition von umgerechnet rund 550 Mio. Euro erfolgt nur wenige Wochen, nachdem Micron in China zum Opfer des chinesisch-amerikanischen „Chip Wars“ geworden ist.

Man dürfe es als „unbeirrbares Bekenntnis zum chinesischen Markt und Team“ lesen, dass man im Laufe der kommenden Jahre 4,3 Milliarden Yuan in den Ausbau der Fabrik im westchinesischen Xian investieren wolle, schrieb Sanjay Mehrotra, CEO der Micron-Gruppe in einer nur auf chinesisch veröffentlichten Mitteilung auf der Plattform WeChat, die sich auch auf der Micron-Homepage findet.

Für das Geld übernimmt Micron das chinesische Packaging-Unternehmen Lixin Semiconductor und in diesem Zuge auch die vorhandenen Anlagen von „Powertech Technology“, einem taiwanesischen Hersteller von Packaging- und Testmaschinen. Zusätzlich soll auch eine neue Produktionslinie für Memory-Chips aufgebaut werden.

Im Rahmen einer älteren langfristigen Vereinbarung wurden die Anlagen von Lixin seit 2016 in den hundertprozentig im Besitz von Micron befindlichen Einrichtungen betrieben. Diese Vereinbarung ist nun ausgelaufen. Micron geht davon aus, dass die Übernahme von Lixin in etwa einem Jahr abgeschlossen sein wird, vorbehaltlich der behördlichen Genehmigung in China.

„Philosophie des globalen Packaging und Testens“

Wie Micron mitteilt, steht die Investition im Einklang mit der „eigenen Philosophie des globalen Packaging und Testens“: Sie werde dem Unternehmen die Flexibilität geben, ein breites Produktportfolio in Xi’an zu fertigen, so dass Micron seine Packaging- und Testaktivitäten direkt in der Anlage vor Ort durchführen kann.

Auf den angekündigten neuen Produktionslinien sollen DRAM-, NAND- und SSD-Produkte vornehmlich für Mobilanwendungen entstehen. Nach eigenen Aussagen bereitet sich Micron schon seit einiger Zeit auf dieses Projekt vor und hat bereits mit dem Qualifizierungsprozess für die Produktion von mobilem DRAM in Xi’an begonnen.

Überraschende Ankündigung …

Die Ankündigung hat Marktbeobachter überrascht, da die chinesische Regierung erst im vergangenen Monat ein teilweises Verbot für den Verkauf von Micron-Chips in China verhängt hatte. Chinesische Betreiber von kritischer Infrastruktur dürfen keine Memory-Chips des größten US-Anbieters in diesem Bereich mehr verwenden, hatte die „Cyberspace Administration of China“ (CAC) verfügt.

Sieben Wochen zuvor hatte CAC eine Prüfung der Technologie von Micron begonnen. Die endete dann mit der Mitteilung, dass die Chips der US-Firma „ernste Netzwerk-Sicherheitsrisiken“ für chinesische Unternehmen darstellten.

… nach weitreichendem Marktausschluss

Die Entscheidung wurde von Beobachtern als erste ernsthafte Retour-Kutsche Pekings im von einigen Medien so genannten „Halbleiterkrieg“ mit Washington gewertet, der zuvor allerdings eine sehr einseitige Affäre aus amerikanischen Attacken gegenüber China gewesen war, kein wirklicher Konflikt mit „Action“ auf beiden Seiten.

Die USA haben seit drei Jahren eine ganze Reihe von leistungsstarken Halbleitern und auch Ausrüstungen zur Chipherstellung auf eine stetig wachsende Boykott-Liste gesetzt. Man hofft in Washington, so den schnellen technologischen und wirtschaftlichen Fortschritt in China ausbremsen zu können, von dem man sich bedroht fühlt. Genau wie im Falle der chinesischen Ankündigungen gegenüber Micron werden die Maßnahmen auch in Washington mit angeblichen Sicherheitsrisiken begründet.

Zumindest einen Teil des China-Geschäfts retten

Analysten werten die neuen Investitionen von Micron in China zu diesem sensiblen Zeitpunkt als Versuch, wenigstens einen Teil des schnell wachsenden China-Geschäftes des Konzerns zu retten. Micron erwirtschaftet Medienberichten zufolge rund 11 Prozent seines globalen Umsatzes in dem Einparteienstaat. Das waren zuletzt rund 3,3 Mrd. US-Dollar. Kürzlich hat das Unternehmen bekannt gegeben, die chinesischen Boykotte könnten nun rund die Hälfte dieses Umsatzes gefährden.

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„Die Investition demonstriert Microns unbeirrbares Commitment zu seinem Geschäft in China und dem Team,“ schrieb CEO Sanjay Mehrotra in chinesischer Sprache auf WeChat. 500 neue Arbeitsplätze würden so in China geschaffen, womit die Belegschaft von Micron auf die Gesamtzahl von 4.500 Mitarbeitern im Land wachsen werde, kündigte der CEO an. Global sind beim weltweit fünftgrößten Chiphersteller ca. 43.000 Menschen beschäftigt.

Micron investiert weltweit in Fertigungskapazitäten

Micron investiert allerdings gerade nicht nur in China, sondern weltweit in die Ausweitung seiner Produktionskapazitäten. Trotz der derzeitigen Konjunkturflaute im globalen Halbleitermarkt wird mittel- bis langfristig dank des starken Wachstums in Bereichen wie der E-Mobilität, dem Autonomen Fahren, oder Künstlichen Intelligenz und anderer datenhungriger Technologien eine stark steigende Nachfrage für Speicherchips und -lösungen prognostiziert.

Einige der jüngsten Investitionen von Micron in anderen Ländern sind dabei noch grösser als die nun angekündigte Ausweitung des China-Werkes für rund 550 Millionen Euro. So wird Micron 825 Mio. US-Dollar (rund 760 Mio. Euro) in ein neues Werk für die Fertigung von Chips im indischen Gujarat investieren, das insgesamt 2,75 Mrd. US-Dollar kosten wird. Die Differenz wird von der indischen Regierung finanziert, die genau wie viele andere nationale Regierungen weltweit versucht, Halbleiter-Produzenten mit Subventionen aus Steuergeldern anzulocken.

Weltweiter Subventionswettlauf

Im südjapanischen Hiroshima will Micron im Laufe der nächsten Jahre sogar 3,6 Milliarden US-Dollar (rund 3,3 Mrd. Euro) in den Aufbau einer supermodernen Produktionsstätte für Speicherchips investieren. Auch die japanische Regierung wird großzügig Geld beisteuern.

Und nicht zuletzt in seinem Stammland USA hat Micron eine Megainvestition angekündigt: So will man im Bundesstaat New York eine gigantische Chipfabrik für insgesamt bis zu 100 Milliarden US-Dollar hochziehen. Der Baubeginn ist für dieses Jahr vorgesehen, bis zu 50.000 Jobs sollen entstehen. Zunächst fließen 20 Milliarden in die DRAM-Produktion. Wie tief der amerikanische Steuerzahler für diese Investition im Rahmen des CHIPS and Science Act in seine Taschen greifen muss, ist unklar. (me)

* Henrik Bork ist Managing Director und Analyst bei Asia Waypoint, einem auf den asiatischen Markt fokussierten Beratungsunternehmen mit Sitz in Peking.

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